Autor: Jonathan Sheen
Datum: 03.11.03 04:57
thats it!
Dem Eindruck, das die meisten erfolgreichen Investoren in Rumänien sich nicht an solchen Diskussionen beteiligen kann ich bestätigen. Ich kenne persönlich zwei welche absolut zufrieden sind und die in diversen Beiträgen so sehr beklagten "Zustände" hinsichtlich der Korruption und Bürokratie als zwar gegeben hinnehmen aber sich dennoch nicht angepasst haben. Sie gehen ihren eigenen Management Weg. Es werden dort wesentlich bessere Löhne als sonst üblich (an der Produktivität orientiert) bezahlt. Im Schnitt für einen z.B. Dreher 300€. Die Leute arbeiten mit offiziellen Arbeitsverträgen, haben 21 Tage Urlaub, 13 Gehalt, Lohnvortzahlung im Krankheitsfall und erhalten alle drei Monate eine Lohnerhöhung gemessen an der Kursentwicklung zum Euro. Es werden dort keine Hirarchien gepflegt sondern es kommt bestes "Leading by team Management" zur Anwendung. Beide Firmen liefern seit mehreren Jahren zuverlässig an unsere Firma in Deutschland, Frankreich und in die USA. Viele der in diesen Beiträgen getroffenen Aussagen erstaunen mich schon sehr. Welche Arroganz steckt in pauschalen Aussagen über die Ehrlichkeit und Arbeitswilligkeit einer Nation? Es sollte nicht vergessen werden, das es sich gerade in den Ländern des ehemaligen Kommunismus vor allem um ein sozialökonomisches Problem handelt. 50 und mehr Jahre also fast 3 Generationen lebten die Leute in einem völlig anderen System und "lernten " dieses auch. Danach wurden sie von heute auf morgen in die "Freiheit " geschickt. Die Freiheit bezog sich aber gerade in Rumänien auf einen Rückfall den man wohl mit Frühkapitalistischen Zuständen am besten beschreiben kann. Einige wenige wurden sehr schnell reich und die meisten anderen über Nacht arbeits- und perspektivlos. Diese Situation ist heute , nach Aussagen beider meiner Geschäftspartner in Rumänien, schwieriger als vorher. Sie haben beispielsweise sehr grosse Probleme qualifizierte Mitarbeiter zu finden, da vor allem die Generation der gut ausgebildeten Arbeiter zwischen 35 und 50 Jahren ist und sich nur sehr schwer bzw. gar nicht umstellen können auf leistungsbezogene und mit einer hohen Eigenverantwortung ausgestatteten Arbeitsplätze. Ebenso möchte ich das "Lohnniveau" ansprechen. Ist es nicht so, dass sehr viele der sogenannten Investoren lediglich Arbeiter zu Hungerlöhnen beschäftigen und sich einer Hire & fire Mentalität unterordnen? Dann darf man sich nicht wundern, wenn Mitarbeiter sich "Rechte" (stehlen) nehmen welche zwar nicht in Ordung sind aber in den Augen der Unterbezahlten absolut legitim? Das Diebstahlproblem haben im übrigen auch westliche Firmen in sehr grossem Rahmen. Ich empfehle allen welche die Rumänen für ein spezielles Diebesvolk halten, einmal die Lektüre von Branchenzeitungen von z.B. des deutschen Einzelhandels, wonach die Summe der gestohlenen Artikel durch Mitarbeiter die Summe der Kundendiebstähle um 38% übertrifft, oder die von Mitarbeitern verursachten privaten Telefonkosten 1/3 der Gesamtkosten ausmachen (ja,ja auch das ist Diebstahl). Falls sich jemand wirklich für seriöse Investitionen in Rumänien interessiert so kann ich ihm empfehlen sich einmal mit dem deutsch rumänischen Wirtschaftsclub in Herrmannstadt oder Kronstadt in Verbindung zu setzen welcher eine illustre Mitgliederliste von erfolgreichen und potenten Firmen in Rumänien vorzuweisen hat und kein finanzielles Interesse an Geschäftsvermittlung oder ähnlichem hat. Unsere Lieferanten sind dort ebenfalls Mitglied. Falls ein Kontaktinteresse dorthin besteht kann ich gerne die Mails oder Adressen weiterleiten.
Jetzt wird sich mancher fragen, warum ich mich so sehr engagiere. Meine persönlichen Besuche (jährlich 8-10mal) in Rumänien zeigen mir ein schönes Land mit vielen Möglichkeiten und Menschen die sich nicht , ausser im sozialen Status, von anderen Nationen unterscheiden. Und ich denke dabei an meine eigenen Vorfahren (Vater Ire) welche in der neuen Welt/USA als unzuverlässige Säufer und faules Pack apostrophiert zu Hungerlöhnen beschäftigt wurden. Und an die mütterliche Seite (deutsch) welche bis heute mit dem unseligen Nationalsozialismus pauschal National in Verbindung gebracht werden. Ich wünsche allen Investoren eine glückliche Hand und Erfolg. Wer aber schlechte Erfahrungen gemacht hat sollte zunächst einmal eine interne Fehleranalyse betreiben.
Jonathan Sheen
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