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 Re: Hat jemand "Östlich von Bukarest" gesehen?
Autor: Snuk 
Datum: 14.02.07 18:08

Zu spät für die Revolution
Corneliu Porumboius scharfsinnige Filmsatire "12:08 östlich von Bukarest"

Wien – Der 22. Dezember ist in Rumänien ein geschichtsträchtiges Datum. An diesem Tag musste sich das kommunistische Regime dem Druck der Zivilgesellschaft beugen. Um 12.08 Uhr soll der Diktator Nicolae Ceausescu versucht haben, das Land zu verlassen – damit war die Revolution besiegelt. Das war 1989, vor mittlerweile 17 Jahren. "12:08 östlich von Bukarest (A fost sau n-a fost?)" – so lautet der betont sachliche deutsche Titel des Films vom rumänischen Regisseur Corneliu Porumboiu, der an diesem Jahrestag spielt. Von einer feierlichen Stimmung ist in der Kleinstadt Vaslui allerdings wenig zu bemerken. Die spärlich mit Lichterketten geschmückten Straßen kaschieren kaum die Tristesse des Ortes. Sie zeigen bloß an, dass mit Weihnachten ein anderes Fest vor der Tür steht.


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Für den Geschichtslehrer Manescu (Ion Sapdaru), einen der drei Protagonisten des Films, beginnt der Tag wie die meisten anderen mit einem Kater. In seiner Lieblingskneipe erfährt er, dass er im Suff wieder einmal den chinesischen Krämer beleidigt hat. Piscoci (Mircea Andreescu), ein älterer Mann, wird von einer Nachbarin bedrängt, den Weihnachtsmann zu geben. Er hat darin Erfahrung, ist aber aus dem Kostüm ein wenig herausgewachsen.

Virgil Jderescu (Teodor Corban), Kopf einer kleinen TV-Station, ist der Einzige, der an das Datum des Umsturzes denkt: Er hat die beiden zu einer Studiodiskussion geladen, in der es um die Frage gehen soll, ob die Revolution von 1989, die in Bukarest ihren Ausgang nahm, überhaupt je Vaslui erreicht hat. In der Früh blättert er in einem Buch mit Zitaten, die später seine Bildung illustrieren sollen.

Porumboiu, der mit seinem Film dieses Jahr in Cannes die Caméra d'or für das beste Debüt erhielt, beschäftigt die Kluft zwischen Geschichte und Erinnerung nur insofern, als sie hilft, die Gegenwart besser zu sehen. Bevor es zu der Auseinandersetzung kommt, die den Mittelteil seines Films ausfüllen wird, gerät ein Rumänien in seinen Blick, das von den Vorbereitungen zum anstehenden EU-Beitritt doch einigermaßen unberührt erscheint.

Leben mit Defiziten

Starre Einstellungen, die lange gehalten werden, zeigen nicht nur ausschnitthaft Alltagsabläufe seiner Figuren, sie verdichten sich auch zu einem lebendigen Bild postkommunistischer Wirklichkeit, das mit angemessener satirischer Dosierung komisch gebrochen wird. Man hat sich daran gewöhnt, mit Defiziten umzugehen. Piscocis Fernseher fällt unaufhörlich aus, und Manescus Engagement im Unterricht ist ungleich geringer als seine Schulden bei Kollegen. Zum Höhepunkt von "12:08 östlich von Bukarest" wird freillich erst die TV-Sendung, die Porumboiu sehr nahe an der Farce inszeniert, dem Stereotyp des polternden Ostens aber erfreulicherweise ganz aus dem Weg geht – schon deshalb darf er neben dem arrivierteren Cristi Puiu ("Der Tod des Herrn Lazarescu") als genuiner Filmautor seines Landes bezeichnet werden.

So werden die technischen Unbedarftheiten während des Drehs bewusst ausgestellt – zu weiten Teilen ist das Filmbild mit dem Fernsehbild identisch, Schnitt und Kadrierung sind entsprechend amateurhaft –, und das Gespräch entgleist entweder in wüste Verbalinjurien oder gerät mit der Zeit merklich ins Stocken. Die formalen Irritationen unterstreichen einen Erinnerungsdiskurs, der sich zu keiner Wahrheit verengen will. Schon der erste Anrufer stellt Manescus Glaubwürdigkeit als Revolutionär infrage: Vor 12.08 Uhr, somit auch vor Ceausescus Flucht, sei niemand in Vaslui auf dem Hauptplatz gewesen – Anlass für hitzige Diskussionen darüber, ob die Bürger dieser Stadt nicht viel eher träge vor dem Fernseher auf die Freiheit gewartet haben, als sich aktiv an ihrer Durchsetzung zu beteiligen.

Der Film hat für dieses Dilemma keine Auflösung parat. Der hochkomische Sendungsverlauf veranschaulicht vielmehr einen Umgang mit Geschichte, der nicht nur für Rumänien charakteristisch ist. Am Ende gibt es starre Positionen, eine offizielle Wahrheit und falsche Gewinner. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.12.2006)


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