Autor: BerndR
Datum: 17.11.06 11:16
Habe mir vor einer Woche trotz der durchwachsenen Kritiken "Offset" mit Alexandra Maria Lara angeschaut - zum einen wegen der genannten Schauspielerin, vor allem aber wegen meines Interesses für Rumänien. Der Film war interessant und kurzweilig, zum Teil sogar sehr witzig, trotzdem kam ich aus dem Kino und hatte das Gefühl, dass da etwas ziemlich schiefgelaufen ist.
"Offset" will meiner Meinung nach zwei Filme in einem sein und scheitert daran: Einerseits haben wir die deutsche Familie, die zur Hochzeit ihres Sohnes mit einer Rumänin nach Bukarest anreist. Dort trifft sie auf die Braut, ihren Vater und das rumänische Leben als solches. Der Dialog zwischen den Kulturen misslingt jedoch auf durchaus lustige Weise - in erster Linie aufgrund der Befangenheit und Steifheit der Deutschen. Natürlich sind die Familie des Bräutigams und viele der rumänischen Figuren klischeehaft überzeichnet, aber das wäre ja durchaus erlaubt, wenn es sich bei "Offset" nur um eine Satire handeln würde.
Andererseits jedoch erzählt "Offset" eine tragische Dreiecks-Liebesgeschichte zwischen Braut, Bräutigam und dem langjährigen Liebhaber der Braut, einem älteren, verheirateten Druckereibesitzer. Dieser kann sich mit dem Entschluss seiner Geliebten, sich von ihm zu trennen und einen jungen Deutschen zu heiraten, nicht abfinden. Und die junge Frau ist sich ihrer Gefühle für ihren zukünftigen Ehemann nicht ganz sicher... Diese Seite des Films lebt von der Vielschichtigkeit und Differenzierung der drei Hauptpersonen und hätte das Potential für eine Psycho-Lovestory mit Tiefgang. Diese Dreiecksbeziehung hat auch nichts mit Rumänien zu tun, sondern könnte überall spielen - der Bräutigam müsste nicht mal aus dem Ausland kommen.
Leider gelingt es nicht, beide Aspekte miteinander zu verbinden. Die Satire zerstört die Liebesgeschichte und umgekehrt. Am Ende blickt man gar nicht mehr durch, wo das Klischee aufhört und der individuelle Charakter anfängt. Am schlimmsten ist dies beim Liebhaber der Braut, dem rumänischen Druckereibesitzer: Soll seine Leidenschaftlichkeit, sein Machogehabe, seine Starrköpfigkeit und Egozentrik etwa typisch für rumänische Alpha-Männer sein? Oder ist nur er so?
Wer aus diesem Film irgendetwas über Rumänien lernen möchte, sollte sich das Eintrittsgeld sparen - eigentlich schade. Auch von Bukarest werden nur gammelige Fassaden bei schlechtem Wetter gezeigt. Wer hingegen schon Erfahrungen mit Rumänien hat oder von dort stammt und das Gesehene einordnen kann, kann sich den Film trotz aller Schwächen anschauen. Er wird in den Details und Dialogen viel Wahres, Interessantes und Witziges entdecken.
Hat sonst noch jemand den Film gesehen? Auf eure Anmerkungen und Meinungen wäre ich gespannt.
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