Autor: Piet
Datum: 06.07.04 13:31
Hallo miteinander,
Nun bin ich doch schon nach 34 wunderbaren Tagen in Rumänien etwas früher als geplant, aber gesund und wohlbehalten heute Nacht wieder zuhause angekommen. Leider mussten wir die letzte Urlaubswoche überstürzt abbrechen, da mein Vater ernsthaft erkrankt ist.
Aber ich hatte das Vergnügen zum ersten mal in meinem Leben Naº (Trauzeuge / Taufpate) zu sein.
Und das gleich zwei mal, in beiden Bedeutungen des Wortes. Einmal als Trauzeuge bei der Hochzeit meines Schwagers und einmal bei der Taufe eines Nachbarkindes.
Für alle, die das noch nie mitgemacht haben, möchte ich hier etwas davon erzählen, weil es mich einfach so sehr fasziniert hat. Vorallem die scheinbar selbstverständliche und für mich als Mitteleuropäer fast unglaubliche Nachbarschaftshilfe.
Dazu muss ich sagen, dass die Hochzeit bei uns zu Hause im Dorf stattgefunden hat. Und zwar im Innenhof und auf der Strasse.
Angefangen hat alles ca. 14 Tage vor der Hochzeit. Aus dem Wald wurde Holz geholt um über den gesamten Innenhof und über Teile der Strasse das Gerüst für ein Zelt zu bauen, welches dann mit LKW Planen abgedeckt wurde die von allen möglichen, und unmöglichen Orten herbeigezaubert wurden. Es wurde ja Platz gebraucht für ca. 300 Personen. Auch der grösste Teil der Bänke und Tische wurde selbst gemacht. Der Rest wurde aus der gesamten Nachbarschaft zusammengetragen. Mehrere Tage vergingen nur damit, die benötigte Anzahl an Tellern, Löffeln, Gabeln, Messern und dem restlichen benötigten Koch-, und Essgeschirr aus dem ganzen Dorf zusammenzutragen und fein säuberlich in einem Heft einzutragen woher man was hat. Auch die Wandteppiche die für die Auskleidung des Zeltes benötigt wurden, wurden aus dem ganzen Dorf zusammengetragen.
Auch gekocht wurde bei uns zu Hause. Zu diesem Zweck wurde extra nur für die Hochzeit hinter dem Haus ein riesiger Herd gebaut auf dem für 300 Personen gekocht wurde. Am frühen Morgen wurden für diesen Zweck 4 Schweine geschlachtet. Die Krautblätter für die Sarmale wurden schon Tage vorher einzeln eingelegt, und die Nudeln für die Nudelsuppe wurden in tagelanger Arbeit von Hand gemacht (Für 300 !! Personen).
Auch sämtlicher Schmuck für die Dekoration des Zeltes wurde in Handarbeit selber hergestellt.
Ich könnte noch vieles erzählen über die unglaubliche Arbeit die so eine Hochzeitsvorbereitung macht, aber ich würde kaum damit fertig werden.
Alles in Allem haber aber sicher jeden Tag zwischen 10 und 15 Personen zwei Wochen lang gearbeitet um dieses Fest auf die Beine zu stellen.
Und zwar ohne etwas dafür zu bekommen oder zumindest nicht mehr als ein symbolisches Geschenk. Ich kann mir unmöglich vorstellen so etwas bei uns zu organisieren.
Die Hochzeit selbst war dann ein voller Erfolg und wunderschön, nur leider sehr, sehr anstrengend.
Angefangen mit dem „Ledigenfest“, welches am Freitag um 20 Uhr begonnen hat und bis ca. 5 Uhr früh gedauert hat. Am nächsten Morgen hiess es um 7 Uhr schon wieder aufstehen, da ja noch einiges zu tun war und bereits um 12 Uhr die ersten Gäste zum Essen und auch die Musiker eintreffen würden. Nachmittags dann ein Fussmarsch durch das ganze Dorf, zuerst zum Rathaus und dann zur Kirche. Dann das selbe wieder retour, immer mit den schweren Kerzen in der Hand (nur eine Strecke). Alles in allem etwa 3 Stunden Fussmarsch und in der Kirche stehen bei über 30 Grad und im schwarzen Anzug. Danach das Fest. Viel essen, viel Þuica und noch mehr tanzen. Um kurz nach 8 Uhr in der Früh bin ich dann todmüde ins Bett gefallen, in der Hoffnung auf einen langen und erholsamen Schlaf. Aber weit gefehlt . Bereits kurz vor 10 Uhr wurden wir (die Trauzeugen) mit einem Pferdefuhrwerk voll mit spitzen Steinen und Dornengestrüpp von all denen abgeholt die auf der Hochzeit gearbeitet hatten. Noch todmüde wurden wie durch das ganze Dorf geführt und allerhand Spässe mit uns getrieben. Dann ab nach Hause zum „Aufessen“ und „Aussaufen“, welches dann glücklicherweise „schon“ um ca. 24 Uhr beendet war. Danach habe ich erst mal 22 Stunden geschlafen.
Danach wurde noch einige Tage aufgeräumt, abgebrochen und Sachen zurückgebracht, bevor (endlich) wieder Normalität eingekehrt ist.
2 Wochen später das selbe noch einmal bei der Taufe. Aber (Gott sei Dank) in etwas kleinerem Rahmen.
Rückblickend war es ein sehr anstrengender und zugegenermassen teils auch sehr stressiger aber trotzdem wunderschöner Urlaub. Und ich möchte keine (schlaflose) Stunde missen.
Aber auch die Zeit bis September wird wieder vergehen, und dann heisst es wieder ab nach Rumänien, diesmal einfach nur um zu relaxen, wenn nicht noch jemand auf die Idee kommt zu heiraten oder ein Kind zu taufen.
In diesem Sinne, liebe Grüsse an alle und einen schön Urlaub (wenn Ihr ihn noch vor euch habt).
Piet
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