Autor: Piet
Datum: 24.02.04 08:47
Hallo miteinander,
Ich möchte in diesem Beitrag Bezug nehmen auf Günthers Beitrag "Das erste mal" auf seiner Hompage (http://www.ursulet.de/
Jeder von uns hier hat doch seine ganz eigene Geschichte, wie er das erste mal nach Rumänien gekommen ist. Und ich kann mir vorstellen, dass diese ganz persönlichen Geschichten nicht nur mich interessieren würden.
Ich werde jetzt also hier mit meiner Geschichte beginnen und hoffe, dass noch eine ganze Menge Geschichten folgen werden.
Mein erstes Mal.
Also es war am 10 Februar 1990. Ich sass mit einigen Freunden in meiner Stammkneipe als sich mein Cousin zu uns setzte. Er erzähle mir, dass er vor einigen Tagen für den Samariterbund in Rumänien war. Er musste eine Frau aus unserem Ort dort abholen, die einen Unfall hatte. Und weil er aufgrund fehlender Papiere (kennt doch jeder ) etwas Zeit hatte konnte er das nahegelegene Krankenhaus für chronisch Kranke besichtigen, das dem Kloster Maria Radna in Lipova angegliedert ist. Er war vom Zustand dieses Krankenhauses so schockiert, dass er beschlossen hatte mit einigen Freunden in privater Initiative das notwendige Material zu organisieren, und das Krankenhaus mit eigener Hilfe in einen zumindest menschenwürdigen Zustand zu versetzen. Im Juni sollte es losgehen, und er wollt für acht Wochen in Rumänien bleiben, während seine Freunde nur für zwei oder drei Wochen Zeit hatten. Ich habe ihm, schon einige Bier intus, spontan zugesagt, ihn zu begleiten und auch für acht Wochen zu bleiben. Die nächsten Wochen und Monate waren so voll mit Bettelgesprächen, Bittbriefen und anderem Organisatorischem (unter anderem acht Wochen Urlaub zu bekommen ), dass ich eigentlich gar keine Zeit hatte darüber nachzudenken, auf was ich mich da eingelassen hatte. Rumänien war für mich doch so fremd wie.... ich weiss nicht was.
Aber Ende Mai hatten wir es tatsächlich geschafft. Wir hatten zwei LKW Ladunden voll mit allem was wir brauchten (Wasserleitungen, Tanks, Wasserpumpen, neue Betten, Bettwäsche, Kücheneinrichtung, Farbe usw usw) und auch genügend Geld um alles zu kaufen was wir vielleicht noch brauchen würden, das glaubten wir damals zumindest. Und vorallem ich hatte meine acht Wochen Urlaub.
Dann am 10. Juni 1990 morgens um Drei sollte es endlich losgehen, ich wollte nicht mehr schlafen gehen bis um Drei und hatte mich entschlossen noch auf ein schnelles Bier auszugehen. Morgens un halb Drei bin ich dann nach Hause gekommen und es war leider nicht bei dem einen Bier geblieben.
Ich bin dann jedenfalls um Drei als sich mein Cousin abgeholt hat, halb besinnungslos in seinen VW Bus gekrochen, habe mich zwischen zwei Sitzbänke gerollt, und bin nach neun Stunden an der ungarischen Grenze das erste mal aufgewacht weil mich der ungarische Zöllner unbedingt sehen wollte (war bestimmt ein "umwerfender" Anblick ). Kurz vor der Rumänischen Grenze hat uns mein Cousin aufgefordert, noch einmal anständig Essen zu gehen, da er aus eigener Erfahrung wüsste, dass wir in Rumänien nichts mehr anständiges zu essen bekommen würden. Wir haben ihm einfach geglaubt, was sich aber bei unserer Ankunft im Spital als riesengrosser Fehler herausstellen sollte wie sich jeder der die rumänische Gastfreundschaft kennt bildlich vorstellen kann. Aber bevor wir überhaupt ankommen konnten mussten wir uns noch einige Stunden an der Grenze herumschlagen und hatten einige unvorhergesehene "Sonderausgaben".
Natürlich waren die benötigten Papiere die uns von der rumänischen Botschaft in Wien angegeben wurden, an der rumänischen Grenze nicht ausreichend. Es war das erste, aber nicht das letzte mal, dass ich die Tücken der rumänischen Bürokratie kennenlernen sollte . Gegen Zwei Uhr morgens hatten wir es dann doch endlich geschafft in Lipova im Spital anzukommen. Wir wollte eigentlich nur noch schlafen, aber denkste, wir wurden als erstes dem Direktor vorgestellt und dann in einen Raum geführt, in dem sich die Tische nur so unter rumänischen Köstlichkeiten in fester und flüssiger Form gebogen haben. Wir waren fast froh an der Grenze einige Stunden verloren zu haben, um überhaupt noch etwas in unsere vollen Mägen hineinzubringen. Aber nach einigen Tuicas hat auch das wieder geklappt und morgens um Sechs haben wir dann auch im "gemütlichen" Spitalsbett geschlafen wie die Könige.
Die nächten acht wochen waren wahrscheinlich die arbeitsreichsten in meinem Leben. Wir haben von morgens um Sieben bis abends um Acht gearbeitet, und das sechs Tage in der Woche. Aber wir haben auch einiges geleistet in der Zeit. Ich glaube sagen zu können, das wir die Lebensumstände dieser Menschen, die sich manche von euch vielleicht vorstellen können, doch entscheidend verbessert haben.
Obwohl wir sehr viel gearbeitet haben, und ich in diesen Wochen nicht besonders viel von Rumänien gesehen habe, hat es doch gereicht, viele unglaublich nette Menschen und das Land kennen, und lieben zu lernen. Und vorallem hat es gereicht, meinen unbändigen Wunsch nach mehr zu wecken.
Seit dieser Zeit bin ich jedes Jahr zwischen drei und achtmal !! nach Rumänien gefahren, bin heute sehr glücklich mit einer Rumänien verheiratet, spreche die Sprache fliessend, habe für uns ein Haus gekauft und verbringe viele Wochen im Jahr "zu Hause" in Rumänien.
in der Hoffnung auf weitere interessante "Ersterfahrungen"
liebe Grüsse
Piet
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