Autor: Micha67
Datum: 27.04.06 11:38
Hallo zusammen,
habe gerade mehr zufaellig Eure Beitraege gelesen und ich denke, dass viele von Euch besser auf die Sachebene zurückkommen. Viele der Themen polarisieren sicher und gegensaetzliche Auffassungen sind legitim aber ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum man ein Forum nutzt um am Ende die jeweils gegenteilige Meinung mit allen Mitteln niederzumachen und das eigentliche Thema des Threads gar keine Beachtung mehr findet.
Ich möchte daher einmal kurz zu einigen der sachlich angesprochenen Punkte meinen Beitrag abgeben:
Ich bin seit rund 13 Jahren regelmaessig in Rumaenien, habe meine Frau dort kennengelernt und aus Liebe geheiratet. Ich habe selbst viele Erfahrungen dort gemacht - gute und schlechte, lustige und traurige, liebenswerte und abstossende. Ich mag das Land und viele seiner Leute und habe auch manchesmal geflucht und vieles verflucht. Ich habe die Entwicklung in den letzten Jahren (bin mindestens einmal jaehrlich dort) persönlich verfolgt und bin der Meinung, dass sich durchaus
vieles - auch in Sachen Korruption - zum besseren entwickelt hat, gleichwohl auch vieles im Argen liegt.
Nun, was war denn zu erwarten? Rein aus wirtschaftlich-geografischer Sicht haben es Laender wie Rumaenien und Bulgarien ungleich schwerer gehabt sich nach 1989/1990 selbststaendig zu entwickeln, sind sie halt am weitesten entfernt von den Handelszentren des (ehemaligen Westens). Und Armut bzw. wirtschaftliche Misere ist eben die Hauptursache für Korruption. Als ich 1994/1995 in Timisoara gearbeitet habe, betrug das Durchschnittseinkommen eines Arztes /Polizisten/Zöllners rund 100,- DM bei vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten, heute ist es nur wenig besser. So entsteht eine Art Wechselwirkung aus ''Notwendigkeit'' zur Vorteilsnahme und allgemeiner Tolerierung (da allgegenwaertig). Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen braucht es zwei Dinge:
1. gute Bezahlung, um die Notwendigkeit zu beseitigen, damit einhergehend ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Gesamtlage für alle sowie der rechtsstaatlichen Möglichkeiten (Beschwerden, Anzeigen, sonstige Rechtsmittel etc.) Und deren Durchsetzung.
2. Aechtung der Korruption und harte Bestrafung bei gleichzeitiger Erhöhung des Entdeckungsrisikos
Bezüglich beider Aspekte ist Rumaenien auf seinem langen Weg aus meiner Sicht ein Stück vorangekommen, insbesondere habe ich registriert, dass die sog. Strassenkorruption bei einfachen Beamten deutlich zurückgegangen ist.
Bezugnehmend auf das Ursprungsthema ''gekaufte Ehen'', betrifft es mich indirekt auch gelegentlich, da meine deutschen Landsleute gelegentlich dazu neigen, Bi-nationale Ehen mit Frauen aus bestimmten Laendern grundsaetzlich als ''Katalog-Ehen'' anzusehen und alle in einen Topf werfen.
Mich stört erheblich, dass einige (natürlich nicht alle) Partnerschaftsvermittlungen die Armut der betroffenen Frauen aus diesen meist asiatischen und osteuropaeischen Laendern vermarkten und andereseits ja auch viele Maenner in Wohlstandsgesellschaften offenbar meinen, mangelnde Kontakt- und Beziehungsfaehigkeiten bei der Wahl der Partnerin durch das Anbieten eines vermeintlich luxuriösen Lebensumfelds zu kompensieren.
Also werden hier m.E. die Grundsaetze von Angebot und Nachfrage mindestens moralisch missbraucht, wobei die Intention der Beteiligten dadurch nachvollziehbar nicht aber immer verstaendlich wird. Haeufig genug enden solche Beziehungen dann ja auch damit, dass sich das Erhoffte auf beiden Seiten am Ende nicht eingestellt hat.
Hinsichtlich der beiden i.R. stehenden Damen, die offensichtlich Scheinehen eingehen wollen (oder sollen), um auf ein besseres Leben in D zu hoffen, so vermute ich hier (obwohl nur wenige Fakten bekannt sind), dass es sich um eine organisierte Schleusung handeln könnte, wobei den Damen andere Dinge (z.B. in Bezug auf die sie erwartende Taetigkeit und/oder das gesellschaftliche Umfeld) versprochen wurden, als das was sie in der Realitaet erwartet. Das Interesse der organisierenden Personen dürfte spaeter dann darin liegen, dass bei einer möglichen Entdeckung der illegalen Taetigkeit der Damen kein gleichzeitiger unrechtmaessiger Aufenthalt vorliegt, der in Verbindung mit dem (möglichen) strafbaren Verhalten zur Abschiebung führen würde, so dass ein weiterer Fortgang der unrechtmaessigen Beschaeftigung unmittelbar oder zeitnah erfolgen könnte, da die illegale Betaetigung an sich lediglich monitaer geahndet wird.
Ich hoffe, hiermit einen sachbezogen emotionsfreien Beitrag geleistet zu haben und dass sich dadurch möglicherweise die Gemüter in dieser Diskussion etwas beruhigen.
Ich für meinen Teil werde im Juli wieder in Ro sein und freue mich trotz gelegentlicher Widrigkeiten auf den Besuch dort. Damit Grüsse an alle hier
Micha
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