Autor: Christian L
Datum: 02.04.04 10:19
Hallo Ray,
vielen Dank für Deine ausführliche Anwort. Ich kann mir bestens vorstellen, wie Du Dich gefühlt hast, denn obwohl ich Deutscher bin, hatte ich ähnliche Probleme wie Du. Während meine weniger talentierten Zeitgenossen ihre Karriere vorantrieben, habe ich lieber ausprobiert, was das Leben so alles zu bieten hat. Ich habe verschiedene Jobs angefangen, zwei Studiengänge ausprobiert, versucht das Leben zu genießen und dachte mir, dass mich der Ernst des Lebens noch früh genug einholen würde. Dieses Verhalten hat keiner meiner Freunde verstanden, so dass ich mich kurz nach der Schulzeit erstmal alleine wiederfand. Mit der Zeit habe ich festgestellt, dass es purer Neid war, der meine alten Freunde getrieben hatte. Sie mußten lernen, arbeiten und hatten wenig Spass am Leben. Ich feierte Parties und interessierte mich für andere Dinge als für Betriebswirtschaftslehre, Aktienkurse und Karriereleitern. Nachdem ich also meine Vita für jeden potentiellen Arbeitgeber versaut hatte, blieb mir nur noch der Weg mich Selbständig zu machen. Das ist mir dann auch als Grafiker gelungen und inzwischen muß ich wieder aufpassen, dass ich nicht zu sehr ins bürgerliche Lager rutsche. Aber ich hoffe, dass meine rumänische Verlobte gut darauf achtet
Ich freue mich, dass es Dir auch gelungen ist, Dich in Deutschland wohl zu fühlen. Es gibt ja den tollen Begriff der Sozialisation. Die Anpassung und Integration an eine Gesellschaft und ihre Normen. Ich glaube, dass es jedem auf der Welt schwer fällt diesen Prozess zu bewältigen, der nicht bereit ist, alles als gegeben hinzunehmen, sondern der sich seine eigenen Gedanken macht, ein selbstbestimmtes Leben führen will und der lieber zerbricht als sich zu verbiegen. Das trifft nicht nur auf Migranten zu, sondern auch auf sehr viele Deutsche, die mit den hier existierenden Werten nicht einverstanden sind. Aber der Druck der Normen ist für die meisten zu groß. Irgendwann geben sie ihren Widerstand auf und passen sich an. Die werden dann Bundeskanzler, oder Außenminister oder sowas
Also, viele Grüße, ich freue mich im Sommer wieder in Rumänien zu sein, denn da ich mich ja nun entschieden habe eine Rumänin zu heiraten, will ich natürlich auch Eure Heimat besser kennenlernen.
Pa, pa
Christian
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