Autor: ah6600
Datum: 17.01.06 17:33
Ich bin nun (mit 2 jähriger Unterbrechung) schon seit 1996 in Rumänien - bei all den Erfahrungen, die ich mit Straßenkinderprojekten, Kinderheimen und Hilfsprojekten machen konnte, steht am Ende leider immer die Finanzierbarkeit.
Kleiderspenden, Spielzeuge usw sind schön und gut, jedoch ist oft der Aufwand des Transportes einfach zu hoch - wenn z.B. in Amerika Päckchen für Weihnachten gepackt und nach Iasi geschickt werden, dann ist leider die bittere Wahrheit:
Die Spender sollten besser die Päckchen behalten und lieber das Geld für den Transport nach Rumänien überweisen.
Mit diesem Geld kann man Holz für den Winter kaufen, einen Kindergarten in einem armen Dorf eröffnen, eine offene Gruppe für die Straßenkinder bieten ...
Ich kenne Familien, die Kleiderspenden verheizen müssen, da sie sich kein Holz leisten können.
Gespendete gebrauchte Kleider landen deshalb oft in den Second-hand Shops, weil die Organisationen die Verkaufserlöse brauchen, um am Lehmhaus einer armen Familie das Dach zu schließen, um für die Kinder einer Lerngruppe eine warme Mahlzeit bieten zu können, um den Kindern und Jugendlichen in den Kanälen ein warmes Bad zu ermöglichen, um ...
Immerhin hat sich bei den staatlichen Einrichtungen mittlerweile auch etwas getan ... zumindest so viel, dass man kaum noch Straßenkinder (Betonung auf "Kinder") sieht.
Spricht man mit den Heimkindern, so hört man zumeist, dass es "besser" geworden ist.
"Besser" bedeutet jedoch leider noch immer nicht wirklich gut - noch immer müssen sich z.B. mehr als ein Dutzend Jungen von 10 bis 18 Jahren ein Zimmer teilen.
Auch hier wäre eine konzeptionelle, langfristige Kooperation wirkungsvoller als Kleiderspenden.
Da sucht z.B. die Direktorin eines Zentrums für Straßenkinder Verkaufsmöglichkeiten für die Körbe, die die Jungen in einer Arbeitsgruppe knüpfen ... oder sie wünscht sich eine kleine Holzwerkstatt, in der die älteren Jungs unter Anleitung eine sinnvolle Beschäftigung haben, statt (abgesehen von einigen wenigen Lernstunden) nur herumzusitzen. Die Jungen auf eine Arbeitswelt vorzubereiten, ist zentral. Dazu benötigt man jedoch Werkzeug, Maschinen, einen Raum und vor allem auch jemanden, der die Jungen anleiten kann - all dies kostet Geld.
Schwieriger ist die Situation der Kinder in armen Familien - bis zu ihnen reicht die staatliche Fürsorge leider meist noch immer nicht. Die Minderheit der Roma ist dabei besonders betroffen. Viele dieser Kinder gehen nicht in die Schule, betteln, stehlen und schnüffeln Drogen. Was diesen Menschen vor allem fehlt, ist eine Perspektive - Kleider beschaffen sie sich auf die eine oder andere Weise.
Auch wenn sich die Kinder über Geschenke und Spielzeug freuen, braucht es vor allem langfristige Hilfskonzepte, die aber nun mal Geld kosten.
Was zum Beispiel kann man mit Sachspenden für eine Familie wirklich tun, die zu 8 in einer kleinen Lehmhütte mit einem Raum am Rande der Stadt lebt - ohne Wasser, ohne Strom, stattdessen mit einer eingestürzten Wand, vor der jetzt eine Plane hängt? Der Vater ist zwar geschieden, lebt jedoch noch immer bei der Frau, wobei er das Geld versäuft und seine ehemalige Frau verprügelt, wenn es nichts zum Essen gibt. Die Kinder flüchten immer wieder einmal in die Kanäle und in den Drogenrausch. Die Frau ist zu schwach, um die Situation zu ändern. Und was wird mit dem 5-jährigen Sohn und den anderen Kindern?
Da helfen leider keine Kliederspenden und Geschenkpakete.
Es braucht hier Geld,
- um einen Sozialassistenten zu finanzieren, der sich um solche Familien kümmert,
- um den überbelegten Kindergarten in dieser Siedlung, die die Bewohner "Dallas" nennen, erweitern zu können, damit auch der 5-jährige einen Platz bekommen kann,
- um für die älteren Kinder mit einer Lerngruppe den Rückweg in die Schule oder wenigstens einen Schulabschluss zu ermöglichen
- um das Haus wenigstens einigermaßen bewohnbar zu machen
- um der Frau die Rückkehr an ihren ehemaligen Arbeitsplatz zu ermöglichen
- um ...
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