Autor: Mark
Datum: 04.09.04 12:45
Nur nebenbei:
"das schwarze meer! derjenige der noch nie dort war , war schon sehr arm dran. oder er hatte eltern, die nicht an reisen interessiert waren. man nahm sogar das schlechte essen in kauf, und das salzwasser beim duschen, hauptsache : strand , meer und gute stimmung."
Salzwasser kommt jetzt nicht mehr aus den Duschen, und die ersten Besserverdiener können sich jetzt auch einen Urlaub in der Türkei leisten. Für 90 % der Rumänen aber stimmt die Beschreibung doch nach wie vor: schlechtes Essen (am schlechtesten mit Essenskarten von den Gewerkschaften, aber auch in den "neuen" Restaurants kaum besser, hab diesen Juli erst eine Lebensmittelvergiftung durch cabanosi erlitten) und entweder Hotels, die für ihre Preise nicht entsprechende Gegenleistungen bieten, oder aber Urlaub "la gazda", also im Wohnblock wie daheim. Und nach wie vor ertragen meine Freunde - und mit ihnen auch ich gerne - all das, um sich ans Meer zu kommen und Party zu machen.
Die Leute in Rumänien oder in den neuen Bundesländern würden nicht (einige von ihnen zumindest) so nostalgisch von früher reden, wenn es ihnen gut gehen würde. Die, denen es gut geht, reden ja auch nicht nostalgisch. Aber die Marktwirtschaft produziert ebenso Armut wie der "Kommunismus", nur dass heute die Erinnerungen nicht dieselben sind. Wer heute arm ist, schweigt lieber, und für jeden sieht die Armut anders aus, so dass man nicht in Ach-wie-schlimm-es-früher-war-Diskursen schwelgen kann; die sind nur in Gleichheits-Gesellschaften denkbar.
Die Zeit vor 1989 zu verherrlichen ist natürlich Unfug. Aber es geschieht nicht so sehr aus Vergesslichkeit, sondern aufgrund individueller und struktureller Mängel von heute. Und, um die Frage von "eu" aufzugreifen, denn so unsinnig ist die nicht: Die Probleme von heute lassen sich nicht mit einem Verweis auf die noch größeren Probleme von gestern bewältigen.
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