Autor: Volker Stroh
Datum: 18.05.07 16:17
Sicherlich hat Rumänien auch gute Seiten und sicherlich ist die Rumänische Gastfreunschaft auch immernochvorhanden, aber ich würde sagen es gibt mehr Hintergedanken wie früher.
Ja, das würde ich auch sagen!
Ich kann Dich wirklich gut verstehen, denn natürlich gibt es auch bei vielen - vielleicht auch den meisten - Deutschen dieses einseitige Bild von Ro., ähnlich wie das Image der Polen.
Ich muss jetzt allerdings bisschen ausholen und ich will hoffen, dass meine folgenden Zeilen nicht als eine Art "Schleichwerbung" ausgelegt werden. Meine rumänische Frau leitet eine Au-pair-Agentur und bei den monatlichen Treffen, die wir für die Au-Pair organisieren, bekomme ich natürlich viel über Eindrücke und Stimmungsbilder mit. Um Deine entsprechende Frage zu beantworten: Fast ausnahmslos wird von den Mädchen die "soziale Kälte" hier beklagt, das heisst, wie man miteinander in den Familien umgeht.
Sie können z.B. auch nicht verstehen, dass es Familien gibt (die auch häufig ein Au-Pair brauchen), bei denen beide Partner berufstätig sind und die entsprechend wenig Zeit für ihre Kinder haben.Das wird oft als abschreckendes Beispiel for Ro und Moldawien gesehen.
Härtefall vor einigen Monaten: Ein Mädchen ist bei einer rumänisch-deutschen Familie hier in D. extrem ausgebeutet worden, bei 260.-- EUR Taschengeld/Monat tägliche Arbeitszeit bis zu 10 Stunden und mehr.
Sie war direkt übers Internet angeworben worden und hat sich an uns um Hilfe gewandt, wir konnten sie sofort umvermitteln in eine - ohne Übertreibung - sehr noble Familie mit entsprechend nobler und reich ausgestatteter Behausung. Das Mädchen war uns zunächst sehr dankbar, rief uns aber nach einigen Monaten weinend an und erklärte, dass sie darunter leidet, dass die Eltern keine Zeit für ihre Kinder haben. Sie selbst musste zwar auch dort viel arbeiten, hatte aber ein luxoriöses Ambiente und sie beklagte sich auch nicht über die viele Arbeit. Wörtliche Aussage war aber: "Lieber werde ich von Rumänen ausgebeutet, aber dabei geht es wenigstens noch menschlich zu. Die armen KINDER"! Für mich und wohl die meisten schwer nachzuvollziehen, wirft aber trotzdem ein bezeichnendes Bild auf die Situation und die Mentalitäten.
Nebenbei: Bei deutschen Familien sind die Au-Pair aus Rumänien besonders beliebt, ich würde sogar behaupten, am beliebtesten. Oft gehörte Begründung: Auch wenn mal etwas nicht gefällt, ziehen sie es durch (auch da gibt's natürlich Ausnahmen) und insbesondere die Begründung, dass sie mit Kindern besonders gut umgehen können.
Dass viele hierher kommen wollen, um auf Männerjagd zu gehen (wie auch oft behauptet wird) ist Unsinn, sowas passiert schon mal, aber der überwältigend grösste Teil ist froh, wenn er nach 12 Monaten wieder nach Hause fahren kann - Tatsache!
Ich glaube aber, dass man auch Verständnis für die Sichtweisen haben muss, schliesslich ist man in einem Alter von ca. 20 jahren noch nicht so lebenserfahren wie Ältere.
Ich glaube Dir, dass Du von Rumänien oft enttäuscht bist, aber sieh's mal so: es gibt auch immer noch Dinge, die wir von Rumänen lernen können. Nur vielleicht - leider - nicht mehr lange! Deswegen ist es ja so elend wichtig, dass da nach und nach ein Umdenken einsetzt!
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