Autor: Hinta
Datum: 04.03.21 00:09
Danke für das Lob Ja, mehr und mehr werden auch westliche Verhaltensweisen übernommen, schon allein dadurch, dass so viele im Ausland arbeiten.
In der Anfrage von wrollkey ging es ja um eine Beziehung zu einem Rumänen, wenn ich es richtig verstehe.
Dazu muss man sich vor Augen führen, dass Rumänien eine ganz andere Geschichte hat als Deutschland. Nüchtern betrachtet kann man sagen, dass es in Rumänien seit fast einem Jahrhundert kein gesundes, politisches System mehr gibt. Jahrzehntelang litten sie unter der kommunistischen Diktatur, die dann in das jetzige korrupte System überging, bei dem Politiker Korruption sogar offen zelebrieren, und Recht und Gesetz hinbiegen um sich selbst begnadigen.
Ganze Generationen haben daher ihr Leben ausschließlich mit einem Gefühl der Ohnmacht und Machtlosigkeit verbracht, anders als in Deutschland wo das Vertrauen in den Rechtsstaat (trotz Korruption, die in D genauso, nur viel subtiler stattfindet) überwiegend noch vorhanden ist. Das erklärt wohl warum der Bekannte eben auch Verbote und Normen so offen missachtet. Er hat es sich einfach von den Großen abgeschaut.
Auch die starke Fokussierung auf die Familie ist eine Folge der Rechtslosigkeit. Da dort soziale Sicherungssysteme wie Wohngeld, Hartz4 usw. fehlen, ist ein Lossagen von der Familie in den meisten Fällen kaum möglich und man arrangiert sich zwangsweise mit den Eigenheiten des anderen und akzeptiert teilweise auch stark grenzüberschreitendes Verhalten.
Das Verhalten des Bekannten, das hierzulande übergriffig oder einmischend erscheint, z. B. unangemeldet aufzukreuzen, ist etwas was aus dieser Sozialisation entstanden ist. In Rumänien ist es zum Beispiel üblich Verwandte oder Freunde zu besuchen, wenn man zufällig in der Nähe ist. Und zwar unangemeldet, man steht dann einfach vor der Tür. Es stört dann auch nicht, wenn derjenige grade keine Zeit hat. Man sitzt dann als Gast einfach in der Ecke, während der Besuchte seiner Hausarbeit nachgeht.
Nichts desto trotz sollte man optimistisch in Beziehungen zu Rumänen gehen, da im Grunde die selben Werte geteilt werden wie hier: Gleichberechtigung der Frau; Wertschätzung von Bildung; Einstellung zur Arbeit als Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit; Religion als Privatsache usw. Und man darf auch nicht außer Acht lassen, dass Rumänien wohl der einzige Staat in Europa ist, der Multikulti schon jahrhundertelang praktiziert und in dem drei Nationalitäten im Großen und Ganzen friedlich zusammenleben. Eine soziale Ader bringt wohl so jeder Rumäne von Haus aus mit sich.
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