Autor: Rolf1
Datum: 30.08.04 09:12
Hallo,
Ich finde es gut, dass Du auch negative Eindrücke schilderst. Es ist schon wahr, dass Rumänien in vielen Bereichen noch viel lernen muss, gerade auch im Bereich des Tourismus.
Trotzdem habe ich meinen Urlaub anders erlebt - hier meine Anmerkunden:
Solche Dinge hat man doch früher in Rumänien im Allgemeinen noch viel häufiger erlebt.
Insgesamt hat sich die Situation aber schon verbessert.
Ich weiss noch, wie in den typischen staatlichen Läden die Verkäuferinnen die Augen verdreht haben, wenn sie einem eine Auskunft geben sollten oder das Geld kassieren sollten. Sie hatten einfach kein Interesse daran, etwas zu verkaufen - Mentalität aufgrund der jahrelangen sozialistischen Diktatur.
Ich hatte es in der Vergangenheit so empfunden: Privat waren alle freundlich, geschäftlich aber absolut abweisend.
Viele handelten dann aber auch noch so, als die Geschäfte privatisiert wurden, aber lange ging das nicht gut. Viele haben nun gemerkt, dass der Job nur sicher ist, wenn der Laden sich lohnt und das ihr Verhalten massgeblich dazu beiträgt (dieses Denken ist aber je nach Branche unterschiedlich weit entwickelt).
Ich glaube, solche Dinge wie „heute bin ich zwar offiziell bei der Arbeit, aber inoffiziell mache ich etwas anderes privat“ gibt es nicht mehr so oft wie früher.
Was aber noch immer unmöglich ist: Die Leute haben weiterhin (angeblich?) kein Wechselgeld in den Kassen !! Ob das böse Absicht ist, oder ob sie es einfach nicht kapieren, kann ich nicht beurteilen. Dies führt noch immer desöfteren zu Problemen, so dass sie weniger zurückgeben als nötig. Habe aber auch schon das umgekehrte erlebt: Es wurde mit beim Friseur zu viel zuückgegeben, weil die Friseuse keine kleineren Scheine hatte (ist aber eher eine Ausnahme).
Und dass sie nicht auf 100 Lei genau herausgeben können, ist eigentlich verständlich.
Natürlich treibt der der plötzliche Kapitalismus auch seine Blüten, ärgerlich, aber kein Wunder, wenn die Leute jahrelang in der Diktatur leben mussten wo man sich um nichts kümmern musste bzw. durfte. Die Auswirkungen wird man noch jahrzehntelang spüren, das ist klar. Die gelegentliche Abzocke gehört mit dazu, so etwas ärgert mich auch, aber ehrlich gesagt, habe ich das selbst dieses Mal nicht erlebt. Aber es stimmt schon, ein wirkliches Rechtsbewusstsein hat die rumänische Allgemeinheit noch immer nicht, siehe auch die Bakschisch-Mentalität, das Hinwegsetzen über Verbote (z.B. gesperrte Strassen usw usw.),.......
Auch die Scheissegal-Mentalität (Handwerker, Bedienungen, in den Fabriken, in der Qualität, im Umweltschutz usw usw.) und in der Politik (...) wird nur langsam schwinden.
Was mir bei meiner aktuellen Reise positiv aufgefallen ist:
- freundlichere Bedienung in den Läden
- offene und gute Auskünfte zu Wanderrouten und Strassenzustand in den Berghütten und beim Campingplatz
- bessere Zollabwicklung – es wurden bei der Einreise sogar Spuren der Gegenfahrbahn aufgemacht, um die Abwicklung schneller zu gestalten und es wurde absolut nicht mehr erwartet, dass man den Zöllner schmiert.
- es gibt – auch in den Supermärkten - wieder mehr rumänische Produkte und auch immer mehr „West„-Produkte, die in Rumänien in Lizenz hergestellt werden.
- dichtes Tankstellennetz
- keine unterschiedlichen Preise mehr für Wessies und Ossies
- funktionierendes Busnetz (Kleinbusse)
Negativ war:
- mangelndes Umweltbewusstsein: Seit in Rumänien sie Rohstoffe nicht mehr knapp sind, wird alles weggeschmissen – im schlimmsten Fall in die Natur, selbst dort, wo man selbst Picknick macht...(dies gibt jedoch NICHT für die Regionen, wo nur Wanderer hinkommen – dies scheint ein anderer Menschenschlag zu sein). Selbst wo Container für Flaschen und Papier aufgestellt werden, denken viele Leute gar nicht daran, den Müll zu trennen.
- Chaotischer Verkehr auf den Hauptachsen vom Westen her (vorallem Arad-Deva-Sibiu): Der Verkehr hat sehr stark zugenommen, vor allem sind immer mehr LKWs unterwegs.
- Das schlimmste sind jedoch die Neureichen und die Rumänen (bzw. Rumänendeutschen), die in Westeuropa wohnen, mit ihren protzigen Westautos in den Urlaub in die Heimat zurückkommen und fahren wie die blöden. Ich weiss, dass nicht alle so sind, aber der Trend hat leider stark zugenommen. (Ich fahre auch nicht zögerlich, aber eine derartig gemeingefährlicheund hirnlose Fahrweise, die diese Leute an den Tag legen, sollte eigentlich besser bestraft werden).
- Die Handwerker und Baufirmen scheinen im Allgemeinen nichts dazu gelernt zu haben – Murks am Bau, Überschreitung der Termine um Jahre und Erscheinen am Arbeitsplatz, wenn man gerade Lust hat, das alles ist noch immer die Regel (ok, in Deutschland ist das auch nicht viel besser).
Dies nur so in Kurzform ! Viele Grüsse Rolf
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