Autor: Escü
Datum: 03.09.08 17:37
Verehrte Freunde,
heute möchte ich Euch ein Bild erzählen, das am Trefflichsten dazu angetan ist, die Eindrücke, die ich während meiner Aufenthalte in dem von uns so geliebten Land gesammelt habe, wiederzugeben.
Ach, wer kennt sie nicht, die malerischen Dorfbrunnen mit ihren niedrigen Fassungen, wie sie links und rechts die Hauptstraßen der Dörfer säumen?
Des Winters rahmen sie blitzende Eisplatten aus dem verschütteten Wasser. Und so mancher, der beim Herausheben vom Gewicht des gefüllten Eimers jäh überrascht wird, gleitet aus und wird über das Mäuerchen in die Tiefe gerissen, wo er jämmerlich erfrieren und ersaufen muß.
Ach, wer kennt sie nicht, die bewegenden Bilder, die zu den Festtagen wiederkehren, wie zum Schmerzengeschrei der Weiber die eigentümlich verrenkten Leichen aus dem Schacht heraufgehievt werden.
Der Fremde wundert sich, wie leicht wäre doch diesen Schicksalen abzuhelfen.
Der Einheimische indes denkt bei sich:
„Was geht es mich an? Von meiner Familie ist noch keiner in den Brunnen gefallen. Was soll ich mich also mühen, zwei Reihen Steinchen auf den Rand zu setzen?“
Hat er aber bereits einen Angehörigen verloren, sagt er sich:
„Und mauerte ich die Einfassung auf, er würde davon doch nicht wieder lebendig.“ *
Dem Fremden jedoch bescheidet er:
„ Seit vielen Generationen schon sind wir in den Brunnen gefallen. - Das gibt es nur in Rumänien!!“
- - - und darauf sind sie sehr stolz.
Euer Escü
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*Zusatz für die Hauptstadt und die Judete Ilfov, Calarasi und Ialomita:
„…Und stürzt ein anderer hinein, so geschieht ihm gerade recht daran.“
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