Von Monika Pupeter und Mario Klopf, zwei Mühlviertlern in Wien.
Im Sommer 2007 hatten wir nicht ganz vier Wochen Zeit, um so viel wie möglich von Rumänien kennen zu lernen. Wir spannten einen Bogen von den Dörfern der Maramureş über die Klöster der Bukowina die Wehrkirchen und Berge Transsilvaniens, die Hauptstadt Bukarest, das Naturparadies Donaudelta und eine Hochzeit von Freunden in Sibiu. Einmal sprach uns ein Linzer an: "Was, ihr habt nur vier Tage Zeit für's Donaudelta eingeplant? Ich bin zwei Wochen dort gewesen!" Ja, wären wir auch gerne, aber Rumänien hat auch so viele andere Seiten, die wir kennen lernen wollten. Und so blieb es bei den vier Tagen - vorerst!
Anreise über Budapest, Debrecen.
Nach der Einreise in Rumänien über und Frühstück in Valea lui Mihai geht es über Carei weiter ins Oaş-Gebiet. Dort genießen wir vom Gipfel eines der zahlreichen, sanften Hügel die sommerliche, von einem strahlend blauen Himmel ins rechte Licht gerückte Landschaft. Abends treffen wir in Negreşti-Oaş ein. Abgesehen vom krassen Gegensatz zwischen der Vielzahl an Luxus-Villen und dem ärmlichen Erscheinungsbild des Restes hat diese Stadt nicht viel zu bieten. Dieser Gegensatz hat es dafür wirklich in sich. Rumänen, die in Frankreich, Italien und Spanien (und anderen Ländern der "alten" EU) arbeiten, bringen ihr Geld hierher, um sich in Vorbereitung auf den Ruhestand wahrliche Schlösser zu errichten. Da kommt es schon vor, dass in einer Straße ein Prachtbau neben dem anderen steht und die vereinzelten, kleinen, renovierungsbedürftigen, alten Häuschen förmlich erdrücken.
Früh morgens geht unsere Reise weiter über den Huta-Pass nach Săpânţa zum Cimitriul Vesel, dem Fröhlichen Friedhof. Die originelle Art, den Verstorbenen mit den Gedichten und Bildern aus ihrem Alltag ein Denkmal zu setzen ist schon verblüffend. Sie erlaubt es, mit den verstorbenen Menschen in eine Art Beziehung zu treten -auch wenn ab und zu geschmunzelt werden muss.
Bei der Weiterfahrt trägt sich noch in Săpânţa eine lustige Begebenheit zu: Beim Abbiegen deutet uns ein Mann um die 40, anzuhalten und das auf eine Art und Weise, die es unmöglich macht weiter zu fahren. Ein paar Worte seinerseits auf Rumänisch, unsererseits - nicht auf Rumänisch - dass wir nichts verstehen und schon sitzt eine kleine, alte, nette Großmutter auf unserer Rückbank und möchte nach Sighetu Marmaţiei. So kommt es, dass wir in Gesellschaft nach Sighet fahren. Nächster Stopp ist Bârsana im wunderschönen Iza-Tal. Hier sehen wir zum ersten Mal ein, für die Maramureş typisches Dorf: kleine Holzhäuser mit großen Holztoren davor. Neben der Besichtigung der neu errichteten bzw. wieder aufgebauten Klosteranlage lohnt sich ein Besuch bei den Brüdern Toader. Beide leben von und für die Schnitzerei. Für einen internationalen Absatz fertigen sie Kirchen, Tore und Häuser im traditionellen Stil der Maramureş und kreieren auch moderne Schnitzerei-Kunstwerke. Wie es der Zufall will, stellt sich heraus, dass die beiden ein reich verziertes Holztor im Erholungsgebiet Laaer Wald (Wien) geschaffen hatten, durch das wir erst im Juni gegangen sind.
Unsere nächste Station ist eine kleine Enttäuschung: Der Badespaß im Ocna Şugatag beschränkte sich auf einen Pool von 4x6 m. Wer ein Badegefühl wie im Toten Meer erleben möchte, sollte das, so weit möglich, lieber im Ocna Sibiului (siehe 10. August) tun. Einziger Trost, die Fahrt von Bârsana hinauf ist ein wahrer Genuss.
Zurück im Iza-Tal bleibt für uns ein Bauer mit haushoch beladenem Pferde-Heuwagen zwecks Foto stehen und wirft sich in Pose: Das ist der Auslöser für die zweite lustige Begebenheit an diesem Tag. Leute bei der Heuernte sehen diese Szene mit an und winken uns. Wir, interessiert an ihrer Arbeit und der Art, wie sie ihre Heumänner aufschichten, kommen näher und schon haben wir Rechen und Heugabel in der Hand: "Learning by Doing". Just in diesem Moment kommt ein Radfahrer des Weges und fragt, was Österreicher bei der Heuernte zu schaffen hätten. Der Radfahrer erweist sich als der landes- und sprachkundige Steirer Walter Gissing, der zum x-ten Mal Rumänien besucht um Land und Leute kennen zu lernen (Mit ihm werden wir an den folgenden Abenden in Botiza noch das eine oder andere Bier trinken). Zum Abschluss der Heuarbeit - ganze fünf Handgriffe, die wir taten -laden uns unsere "Arbeitgeber" noch auf eine Jause ein! Da die Orthodoxen Christen vor Christi Himmelfahrt fasten, gibt es die Fastenspeise Platschinka, Milch und ein Stamperl Schnaps. Unser Quartier für die nächsten drei Nächte beziehen wir im malerischen Ort Botiza.
Samstag ist Markttag in Botiza. Werkzeug, Spielzeug, Obst, Fahrradersatzteile, Gemüse, Kleidung, frisch geschlagenes Fleisch, ... hier ist einfach alles für den täglichen Gebrauch zu bekommen. Entsprechend groß ist auch der Rummel.
Am späten Vormittag leihen wir uns Fahrräder aus und brechen zu einer Radtour auf. Am frühen Nachmittag brechen dann die Wassermassen los, nämlich auf uns herab. Patsch nass erreichen wir gegen Abend wieder Botiza. Schön ist die Tour über Poienile Izei, Glod, Strâmtura, Rozavlea und Şieu allemal: nette Menschen, alte Holzkirchen, bergige Landschaft. Die beste Möglichkeit, diese Gegend zu erkunden stellt einfach das Fahrrad dar; schnell genug vieles zu sehen, aber langsam genug nichts zu übersehen. Das reizvolle an der Maramureş ist wohl die kleinstrukturierte Landschaft mit ihren Wiesen, die von zahllosen Heuhaufen und Heumännchen belagert, von kleinen Wäldern unterbrochen und Dörfern mit kleinen Häusern bereichert werden.
Sonntag ist der Tag des Herrn. Viel hörten und lasen wir bereits über die schönen Trachten der Maramureş; in Botiza sehen wir sie dann und staunen. Dieser Sonntag ist in Botiza kein gewöhnlicher Sonntag, denn das neue Kloster sollte eingeweiht werden. Das ganze Dorf macht sich auf den Weg ans Ostende der Stadt. Dort, an einem Hang gelegen, auf einem großzügig angelegten Areal stehen die Gebäude des neuen Klosters. Hohe Geistlichkeit ist anwesend um die Segnung vorzunehmen.
Der Hang ist bevölkert von bunten Scharen an Gläubigen und Schaulustigen. Viele Männer tragen weiße Hemden mit typischen ärmellosen Jacken. Noch mehr Frauen tragen ihre bunten Kopftücher und dazupassende Röcke, die den Blick auf eine Besonderheit der Region zulassen: die schlanken, jugendhaften Beine, die den hiesigen Frauen bis in ein gehobenes Alter erhalten bleiben.
Heute besuchen wir das Tal der Vaser bis hinauf zur ukrainischen Grenze. Mit der Mocaniţa geht es schnaubend und rumpelnd, langsam aber stetig flussaufwärts. Die Mocaniţa ist eine alte Dampfbahn, die einzige Verbindung von Vişeu de Sus hinein ins Wassertal. Mit ihr erschließt sich uns auf einer Strecke von 30 km das Tal in seiner ganzen Schönheit. Gemächlich nimmt sie eine Biegung der Vaser nach der anderen. Ein interessanter Aspekt dabei: die Bahn ist bis heute die einzige Möglichkeit, Holz aus dem Wassertal hinaus zu transportieren. Gut durchgeschüttelt fahren wir an diesem Abend noch bis zum Prislop Pass, wo wir in unserem Auto übernachten.
Auf den Straßen der Bukowina geht es ostwärts, den Moldau-Klöstern entgegen. Die umfangreichen Straßenbau-Tätigkeiten halten uns ganz schön auf, bis nichts mehr geht. Die Straße nach Gura Humorului ist gesperrt. Es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen über die Klöster Moldoviţa und Suceviţa fahren, die wir ursprünglich aus Zeitgründen ausgelassen hätten. Dank sei der Sperre: Zwar wirft das unsere Planung ein wenig über den Haufen, doch die bunte Pracht gerade dieser beiden Klöster hätten wir ohne sie nicht gesehen. In Moldoviţa schließen wir uns der Führung einer resoluten Schwester an, die uns die unzähligen Bilder auf der Kirche und in der Kirche erklärt. Solch eine Führung sei jedem empfohlen, denn nur so scheint es möglich zu sein, die Menge an gemalten Erzählungen mit ihrer schier endlosen Zahl an Figuren zu begreifen und Ordnung ins vermeintliche Chaos zu bringen. Wir sind erstaunt und direkt stolz auf uns, als wir auch in Suceviţa und später in Arbore und Voroneţ die gleiche Abfolge an Motiven wieder erkennen. Trotz dieser Ähnlichkeiten hat jedes Kloster seine eigene Persönlichkeit und Ausstrahlung. Auf das Kloster Suceviţa bietet sich vom Hügel hinter der Anlage ein schöner Blick.
Über den Pasul Tarniţa gelangen wir ins Tal der Bistriţa und dieser abwärts folgend an den Lacul Izvorul Muntelui. Kurz hinter Bicaz befindet sich der Naturpark Cheile Sugaului Munticelu der uns zu einer Wanderung einlädt. Erst nachdem er uns durch einen heftigen Regenguss vertrieben hat geben wir dem Ruf der Bicaz-Klamm nach und fahren eingezwickt zwischen steilen Felswänden auf den Höllenschlund zu. In der Klamm ist nur Platz für die Straße und den Bach. Dort wo die Wände auch nur einen Meter voneinander abrücken stehen kleine Holzbuden, die mit bestickten Blusen, Schaffellen, Tischdecken und vielem mehr dicht behangen sind. Die Klamm alleine lässt einen schon staunen, doch sollte man sich auch Zeit nehmen, dem bunten Treiben aus fotografierenden, schauenden, verkaufenden, kaufenden und feilschenden Leuten zuzuschauen. Irgendwie passt der Tumult nicht zu diesem Naturphänomen, irgendwie gehören die beiden Dinge aber auch zusammen, geben dem ganzen ein eigenes Flair. Und aus der Ferne betrachtet sieht man, wie wenig diese winzigen Buden den riesigen Felswänden anhaben können. Am Lacul Roşu, dem Mördersee drehen wir in einem Ruderboot noch ein paar Runden zwischen den alten Baumstümpfen, die nach einem Erdrutsch vor 150 Jahren noch immer aus dem Wasser ragen.
Gestern fuhren wir durch die Klamm, heute wollen wir sie zu Fuß erleben. Früh morgens - vor dem großen Touristen-Ansturm - gehen wir in der Schlucht hinab, folgen dann einem kleinen Zufluss aufwärts und kehren über Almen in weitem Bogen zurück nach Lacu Roşu. (die Route ist im Reise-Know-How für Rumänien beschrieben)
Nun ist es früher Nachmittag und es bleibt noch genug Zeit, nach Schäßburg zu fahren, eine Unterkunft zu suchen und dieses Rotenburg Rumäniens - wie es auch genannt wird - im Licht der Dämmerung zu erkunden. Es herrscht rege Bautätigkeit in Sighişoara und wir hoffen, dass dieser Stadt der altertümlich-verträumte Charakter erhalten bleibt.
Den Vormittag verbringen wir noch in Schäßburg, um uns dann am Weg Richtung Sibiu ein paar Kirchenburgen anzuschauen. Den ersten Stopp machen wir in Birthälm/Biertan. Schon aus ein paar Kilometern Entfernung ist die Kirche auf ihrem Hügel zu sehen. Der Besuch lohnt! Die altehrwürdigen Gemäuer zeugen von der wechselvollen, gefahrvollen Vergangenheit dieses Landstriches. Uns wird hier so richtig klar, dass wir uns in einem Gebiet befinden, das einmal von einer deutschsprachigen Bevölkerung geprägt wurde. Der Blick durch die Schießscharten der Wehranlage auf die roten Ziegeldächer zeigt, wie große Biertan wirklich ist. Zurück auf der Hauptstraße geht es über Mediaş nach Axente Sever / Frauendorf. Auch hier ist die Kirche von einer hohen Steinmauer umgeben. Für ein Trinkgeld sperrt einem der Messner das Kirchlein auf und erklärt die Eckdaten dieses Baues. In Zukunft sollen die kleinen Häuschen, die sich im Kirchhof an die Wehrmauer schmiegen, renoviert und an Touristen vermietet werden.
Die letzte Hitze des Tages verbringen wir schließlich noch in den Salztümpeln von Ocna Sibiului. Ursprünglich befanden sich hier Salzbergwerke. Nach deren Einsturz flutete das Grundwasser die entstandenen Krater - heute kommt man hier im Herzen Rumäniens zu Tote-Meer-Gefühlen. Der hohe Salzgehalt verhindert ein Untergehen vollständig. Wem das noch zu wenig ist, der kann sich am "schwarzen Loch" mit dem Namen gebenden Schlamm einschmieren und nach Heizöl riechend schwarz durch die Gegend laufen bis er trocken und rissig ist. Der schwarze Schlamm ist zwar natürlichen Ursprungs, es schaut aber aus und riecht auch so, als ende hier die Altölleitung der örtlichen KFZ-Werkstatt. ;)
Wieder eine Nacht im Auto hinter uns! Heute starten wir ins Făgăraş-Gebirge. Sibiu wird nur durchquert - ein Aufenthalt hier steht am Ende unserer Reise am Programm. Unser Ziel heißt Victoria. Genau genommen ist das der Ausgangspunkt, das Ziel ist die Cabana Podragu. In einem acht-Stunden-Marsch kämpfen wird uns von den Niederungen des Olt hinauf auf 2136 m. Lange führt der Weg durch Wald, aber schließlich kommt man dann über die Waldgrenze hinaus und hat noch mal dieselbe Weglänge bis zum Lacul Podragu. Der See liegt still in einem Kar, an seinen Ufern grasen die Packesel der nahen Hütte, und auf den Bergflanken ziehen Glöckchen läutend und vom Pfeifen der Hirten begleitet die Schafherden. Die Hütte ist ziemlich voll und mit etwas Neid schauen wir auf jene Bergfexen, die ihre Zelte am Ufer des Sees aufgeschlagen haben. Nur ist das Treiben in der Hütte auch interessant zu beobachten: Die Wanderer sind stolz auf ihre Touren, die resolute Hüttenwirtin schaut, dass alle verpflegt sind, die Hirten, die spät abends mit ihren Herden zur Hütte kommen, sortieren die gepflückten Edelweiß, .... bis in einem dampfigen, überfüllten Zimmer alles zur Ruh' kommt und schnarchend auf den nächsten Morgen wartet.
Wir wissen nicht, was wir machen sollen: der Moldoveanu wäre in erreichbarer Nähe, die Bergwelt fesselt uns, sollen wir noch einen Tag hier heroben anhängen oder doch wieder ins Tal zurückkehren und versuchen, uns an unser selbst auferlegtes Programm zu halten, es auch hier beim Hineinschnuppern zu belassen? Wir entscheiden uns für zweiteres und beginnen den Rückmarsch ins Tal.
Über Făgăraş und Zărneşti gelangen wir abends nach Râşnov, wo wir in einer netten Pension eine Unterkunft für die nächsten zwei Nächte finden.
Von Râşnov fahren wir über die Straße 73A ins Prahova-Tal nach Sinaia. Die Orte im Prahova-Tal erinnern an österreichische Orte wie Semmering, Bad Gastein oder Bad Ischl. Mit ihren Bauten strahlen sie noch heute das mondäne Flair aus, das ihnen Adel und Geldadel verliehen hatten.
Mit dem Auto geht's die Bergstraße hinauf zur Cota 1400 und von dort weiter mit der Seilbahn auf die Cota 2000. Von hier aus erschließt sich einem ein schönes Hochplateau im Bucegi-Gebirge. Auf ihm liegen die Cabana (Hütte) Mioriţa und Cabana Valea Dorului. Noch ein Stück weiter geht es dann bergab zur Cabana Cheile Zănoagei am Bolbici See. Dort haben wir das Glück, in eine Schafherde zu kommen, die denselben Weg wie wir einschlägt. Das Getrippel von 1000 kleinen Füßchen am Schotter der Forststraße, das Getümmel der vielen Wollknäuel und ihr Geblöke lassen eine ganz eigentümliche, friedliche Atmosphäre aufkommen. Schließlich erklären uns die Hirten noch wo wir weiter gehen müssen und unsere Wege trennen sich wieder. Es geht um den Bolboci See herum und durch die Cheile Tătarului, die Tartarenschlucht weiter. In der Schlucht liegt die Bärenhöhle, die nach unserem Dafürhalten aber ein alter Stollen ist. Mit einer Taschenlampe bewaffnet trauen wir uns etwa 100 Meter in den Berg hinein: Ganz schön beklemmend, wenn es absolut dunkel um einen herum wird, das Bachrauschen verstummt und die Luft immer feuchter und kälter wird. Zurück im Sonnenschein geht es weiter über die Cabanas Padina und Diana und bergan aufs Hochplateau zurück. Es beginnt bereits etwas zu dämmern und die Hirten treiben schon ihre Rinderherden in einen Pferch zusammen, trotzdem machen wir noch den kleinen Umweg über die Vârful cu Dor (2030 m) mit schönem Blick hinunter ins Prahova-Tal. Nun marschieren wir schnurstracks hinunter zur Cota 1400. Auf der "Heimfahrt" schauen wir noch rasch beim Schloss Peleş vorbei, auf das wir im letzten Licht des Tages noch einen Blick erhäschen.
Heute steigen wir zur Burg Râşnov hinauf. Sie diente den Bauern der Umgegend als Zufluchtsort bei Angriffen. Mit ihren kleinen Häuschen wirkt die Burg wie eine Mini-Stadt. Das Burgmuseum gibt Einblicke in die Geschichte der Burg und ihrer Zufluchtsuchenden. Anschließend fahren wir durch Bran (einen Zwischenstopp werden wir hier gegen Ende unserer Reise einlegen), um uns die Gegend um Moieciu de Jos und de Sus bis hinauf zum Pasul Bran (Giuvala-Pass) und nach Fundata anzusehen.
Braşov/Kronstadt. Die Stadt hat zwar annährend 300 000 Einwohner, doch ist es möglich, ihr Zentrum - der historische Kern innerhalb der Stadtmauern - innerhalb eines Tages stressfrei und zu Fuß zu erkunden. Parkplätze mit für unsere Verhältnisse niedrigen Gebühren befinden sich rund um den Nicolae Titulescu Park, der leicht zu finden ist (im NO des Zentrums). Wie der Blick vom Aussichtsberg Tâmpa ist können wir nicht beurteilen, da wir nicht oben waren; vom weißen oder schwarzen Turm ist er jedoch wirklich lohnend. Das Gewirr aus Dächern und Gässchen der Altstadt liegt eingebettet zwischen Tâmpa und dem Hang, auf dem sich die beiden Türme befinden. Der Blick auf das restliche, neue Braşov bleibt dadurch verwehrt. Aus dieser altertümlich anmutenden Kleinstadt-Idylle ragt beherrschend die Schwarze Kirche. Sie ist die größte spätgotische Hallenkirche östlich von Wien und das größte Kultgebäude Rumäniens.
Am späten Nachmittag geht's weiter nach Prejmer/Tartlau. Diese Kirchenburg ist genauso beeindruckend wie Biertan vor ein paar Tagen. Die Befestigungsmauer ist nahezu kreisrund. An ihrer Innenseite sind rundherum auf drei Etagen Kammern angebracht, die der bedrängten Bevölkerung in Notzeiten als Behausung dienten. Über Holzstiegen und -Balkone sind diese zu erreichen. Einige davon dienten als Schulzimmer, als Vorratskammern u.v.m. In der Mitte des Hofes steht die Kirche, die durch ihre Einfachheit besticht. Allzu lange haben wir für die Erkundung leider nicht mehr Zeit, und um ein Haar wären wir auch eingeschlossen worden. So bleibt uns aber noch genug Zeit, um unseren nächsten Programmpunkt zu erreichen: die Schlammvulkane in der Nähe von Buzău.
So ein eigenartiges, ödes Stück Natur haben wir noch nie zuvor gesehen! Ein riesiger Fleck der von nichts bedeckt ist als von hartem, trockenem Schlamm und der sengenden Sonne. Alle paar Meter befindet sich ein Loch im Boden oder steht ein Vulkan in die Höhe, in dessen Krater sich mehr oder weniger zähflüssiger Schlamm befindet. Es riecht nach Heizöl. Aus klitzekleinen Kraterchen steigt ein Bläschen nach dem anderen auf, die großen Krater liegen eine Zeit lang still da, doch dann beginnt es in der Tiefe zu rumoren wie in einem hungrigen Magen, der Schlamm wölbt sich auf und mit einem "Blubb" platzt die Blase. Über den Kraterrand schwappt Schlamm und rinnt auf einer feuchten Schlammspur hinab, um sich auf den trockenen Boden der Umgebung zu ergießen. Das wiederholt sich überall und pausenlos. Dieses Phänomen ist einmalig am europäischen Festland und heißt Vulcanii Noroioşi - Schlammvulkane. Die Kleinen Schlammvulkane sind ausgeschildert und mit einer asphaltierten Straße erschlossen. Es lohnt sich aber auch, sich nach den Großen zu erkundigen. Die Vulkane sind zwar nicht größer, aber die Fläche, die sie einnehmen ist es, und der Übergang von Wiese über eine nur spärlich mit niedrigem Gesträuch bewachsenen Fläche zu der oben beschriebenen Schlammwüste ist hier um einiges besser zu beobachten. Wer mit dem Auto hinfährt, muss noch ca. 10 min gehen, wir sind aber von den Kleinen Vulkanen zu den großen zu Fuß gegangen. Die Wanderung geht ohne Markierung etwa eine Stunde einfach Querfeldein. Verfehlen kann man das Ziel nicht, weil in der offenen Landschaft die Orientierung leicht fällt. Am schönsten sind die Vulkane kurz nach Sonnenauf- und kurz vor Sonnenuntergang. Die langen Schatten der Vulkane zeichnen ein schönes Muster über die Fläche und die Veränderung der Farben setzt dem Ganzen noch den i-Punkt auf. Wir haben einfach unser Zelt am Rande dieser Vulkanwüste aufgeschlagen, um so dieses Spiel von Farbe, Licht und Schatten von Anfang bis Ende erleben zu können.
Heute treffen wir uns mit unseren Freunden Sabine und Norbert in Bukarest. Doch für eine direkte Fahrt in die Hauptstadt ist es noch zu früh. Es bleibt noch genügend Zeit, die Schneeberge - Grunj genannt zu besuchen. Ihr Gestein ist eine Mischung aus dunklen und schneeweißen Anteilen. Die Felswände schauen aus wie Gletscher im Spätsommer, die durch Luftverunreinigung mit einer Schmutzschicht überzogen sind. Die Grunj liegen laut Reiseführer 20 km nördlich der Schlammvulkane. Keine weite Strecke sollte man meinen. Wir fahren durch einen der abgelegensten Landstriche, die uns auf unserer Reise bisher begegnet sind. Die Straße ist nur ein Weg, obwohl sie über eine stattliche Straßennummer und Verkehrsschilder verfügt. Was uns hier erschüttert ist die Armut, in der die Menschen leben. Armut ist in Rumänien allgegenwärtig. Bisher haben wir sie in Form von arm an materiellen Gütern, aber mit gesicherter Existenz und einem Grundmaß an zivilisatorischer Versorgung kennen gelernt. Hier offenbart sich uns Armut in Form von armselig und erbärmlich. Die Hütten sind nur notdürftig zusammengezimmert, mit Plastikfetzen ausgebessert, das Wasser ist nur an ein paar Dorfbrunnen zu beziehen. Die barfüßigen Kinder sind mit zerschlissener Kleidung unterwegs. Betroffen davon sind dunkelhäutige Menschen - wohl Roma. Wenn man hellhäutigen begegnet, so besitzen diese zumindest ein kleines, gemauertes Häuschen, meist ein altes Auto und eine Sat-Anlage. Ob es abseits der Verkehrsrouten überall so ausschaut? - Wir hoffen nicht, befürchten es, können es aber nicht beantworten.
Nach einer Nacht in einer grünen Hütte am Campingplatz in Bukarest machen wir uns mit unseren Freunden auf, die gigantomanischen Auswüchse Ceauşescus zu besichtigen. Höhepunkt ist sicherlich der mehrfach überdimensionierte Parlamentspalast, dem wir uns am Bulevardul Unirii nähern. Die Prachtstraße ist wie ausgestorben, in ihr lebt nur der Verkehr. Eine Führung im Inneren des Palastes offenbart uns eine Superlative nach der anderen: der größte Kristallleuchter, der größte Vorhang, der größte Teppich, der größte ... . Was uns abgeht ist ein Einblick in Räume, die nie eingerichtet wurden, oder deren Erhaltung zu teuer wäre. Bukarest ist eine schmutzige Stadt, die an vielen Orten ihrer Seele beraubt wurde. Es fällt uns aber auch auf, dass sie nach wie vor Plätze besitzt, die sehenswert sind und an denen man fühlen kann, was Bukarest ist.
Am späten Nachmittag versuchen wir noch so weit wie möglich ans Donaudelta heranzukommen. Die Strecke bis Cernavodă ist auf der sehr gut ausgebauten Autobahn schnell zurückzulegen, und schlussendlich schaffen wir es bis nach Mamaia nördlich von Constanţa.
Das Erwachen ist noch schön, doch dann wird's unschön. Der Campingplatz, auf dem wir spätnachts gelandet sind, ist riesig, die Sanitäreinrichtungen sind winzig und dementsprechend ekelig. Wir müssen aber noch bleiben, schließlich lockt das Schwarze Meer zu einem Bad.
Die Fahrt durch die hügelige Dobrudscha ist schön und schließlich kommen wir in Tulcea an - dem Tor ins Donaudelta! Die Vorfreude auf dieses Naturparadies ist groß. Ebenso groß ist die Ernüchterung, als wir merken, dass uns niemand kompetente Auskunft geben kann, wie wir drei Tage im Delta verbringen können: das Informationsbüro ist sonntags geschlossen, die Ausflüge mit kleinen Booten sind entweder maßlos überteuert oder nur für einen Tag, und wie die Möglichkeiten in den Dörfern im Delta sind können wir sowieso nicht in Erfahrung bringen. Schließlich einigen wir uns darauf, es in Sulina zu "riskieren".
Nun haben wir noch etwas Zeit für Tulcea. Erwähnenswert ist der Besuch der Moschee. Wir werden dort mit offenen Armen empfangen, der Vorsteher der islamischen Gemeinde lädt uns ein, das Gotteshaus zu besichtigen, erläutert uns die Geschichte der Moslems (Türken) in Tulcea und stellt uns seine Religion vor, aber ohne aufdringlich zu werden. Fragen beantwortet er uns mit Freude, und schlussendlich dürfen wir noch dem Abendgebet beiwohnen.
Um 14.00 schiffen wir uns in Tulcea ein um 4 Stunden später in Sulina anzulanden. Diese Stadt hat 5000 Einwohner und ist in ein paar Straßen, die parallel zueinander verlaufen, gegliedert. Einige Bauten zeugen noch von der Wichtigkeit Sulinas für die Schifffahrt als Tor vom Meer in die Donau. Seit es den Kanal von Constanţa nach Cernavodă gibt ist der Rang Vergangenheit. Heute lebt die Stadt vom Tourismus, sie ist aber trotzdem (noch) nicht überlaufen.
Heute müssen wir feststellen, dass die Anbieter von Touren im Delta nicht organisiert sind! Wer Information will findet sie nicht einmal im örtlichen Tourismusbüro. Doch, wer eine Tour machen will, wird gefunden. Einfach morgens oder abends an der Uferpromenade schlendern und schon wird man angesprochen. Auch bei uns ist es so. Wir haben natürlich schon gewisse Vorstellungen was wir machen wollen, und der Bootsführer sagt uns, was möglich, lohnend, unnötig oder unmöglich ist. Mit einem Boot geht es schließlich gemächlich durch Kanäle. Der VW-Golf-Motor des Fischerbootes tuckert ruhig vor sich hin, und wir genießen die Fahrt durch diese fremde Wunderwelt. Wir queren den Lacul Roşu, fahren durch weitere Kanäle und machen am Lacul Puiu Mittag. Danach geht es wieder retour nach Sulina, wo "Babica" - so nennt unser Führer die alte Dame bei der wir zu Besuch sind - bereits mit herrlichen Fischgerichten auf uns wartet.
Zum Preis für solche Ausflüge sei noch gesagt, dass sie Verhandlungssache sind. Wir zahlten schlussendlich 50 Lei pro Person: 35 für die Fahrt und 15 für's Essen.
Das Donaudelta hat viele verschiedene Gesichter. Gestern sahen wir eine Landschaft, in der es Wasser- und Schilfflächen gibt. Heute kommen wir in Gegenden, in denen das Land nur um wenige Dezimeter höher liegt, was das Landschaftsbild aber komplett ändert. Über Kanäle, die zunächst von Schilf begleitet sind, dann aber auch steppenartigen Uferbewuchs aufweisen, kommen wir nach Letea. Dieses 400-Seelen-Dorf ist staubtrocken. Alles besteht aus Sand, der von harten, krautigen Pflanzen bewachsen ist und von diesen zusammengehalten wird. Ein Einheimischer bringt uns mit seinem Geländewagen zu Eichenwäldern, die sich streifenweise mit spärlich begrasten Flächen abwechseln. Riesige Eichen schieben ihre knorrigen Äste in den Himmel. Wir treffen im Wald sogar auf eine Kuh.
An Salzpfannen vorbei geht es weiter zu den höchsten Punkten von Letea, den Sanddünen. Aus der Ebene erheben sie sich bis zu 10 Meter. Einst wurden sie von der Donau aufgetürmt. Beim Besteigen einer solchen Düne versengt uns der Sand beinahe unsere Füße, so heiß ist er und trotzdem wachsen sogar dort noch ein paar Pflanzen. Den Tag lassen wir, nach der Besteigung des alten Leuchtturms bei der Jugendherberge und dem obligatorischen Fisch zum Abendessen, mit einer Flasche Wein am Strand von Sulina ausklingen.
Mit dem Schiff geht's zurück nach Tulcea und von dort über Brăila nach Braşov. Die Fahrt dauert länger als wir gedacht haben, und so kommen wir erst bei Dunkelheit zum Campingplatz in Săcele.
Am Vormittag steht die Besichtigung der Burg Bran am Programm. Sie ist zwar maßlos überlaufen, eine Besichtigung ist sie aber trotzdem allemal Wert. Hat man die Souvenir-Stände mit dem ganzen Dracula-Kitsch einmal hinter sich, geht's durch einen kleinen Park und einen Weg hinauf zur Burg, die man über eine steile Stiege und ein relativ kleines Tor betritt. Im Inneren sollte man gut auf seinen Kopf achten: die niedrigen Türen haben sicherlich schon ein paar Mal Kopfschmerzen verursacht. Im Touristenstrom schwimmt man durch kleine Zimmer, verwinkelte Gänge und über schmale Stiegen, um schließlich im ebenfalls kleinen, romantischen Hof zu landen. Bran besticht durch seine vielen Türmchen und Winkel, das Interieur ist eher schlicht und rustikal gehalten, wirkt gemütlich und nicht protzig. Wer vom Geschiebe der Massen genug hat, kann in aller Ruhe noch durch das kleine Freilichtmuseum im Burg-Park schlendern. Es zeigt originalgetreu wieder aufgebaute Bauernhäuser aus der weiteren Umgebung.
Zu Mittag stärken wir uns in Braşov, spazieren noch ein wenig durch die Stadt und machen uns dann zu unserem letzten Ziel auf: Sibiu/Hermannstadt. Die Fahrt dorthin dauert wegen der vielen Straßen-Bauarbeiten und den gezählten 40 Baustellenampeln an die vier Stunden. Zu guter letzt kommen wir dann aber am Ziel an. Die österreichische "Delegation" der morgigen Hochzeit, zu der wir eingeladen sind, ist bei der Braut zu Hause schon vollzählig versammelt. Bei gutem Essen und Trinken klingt der Tag aus.
Heute ist Cassis und Wolfgangs freudiger Tag. Wolfgang ist Norberts Bruder, der während seines Studienaufenthalts in Cluj die Hermannstädterin Cassi kennen gelernt hat. Die evangelische Kirche zu Hermannstadt bietet einen feierlichen Rahmen dafür, die Messe wird in Deutsch und Rumänisch gehalten. Nachher geht's im Gasthaus zu den drei Eichen heiß her. Heiß wegen des Temperaments der rumänischen Gäste und heiß wegen der Temperaturen. Gegessen, getrunken, getanzt und geschwitzt wird bis spät in die Nacht hinein.
Über Mittag haben wir Zeit, Sibiu zu erkunden, nachmittags werden wir dann noch einmal im Elternhaus der Braut verköstigt - die gefüllten Weinblätter sind einfach herrlich! Hier unser herzlicher Dank an Cassi und Wolfgang, ihre Eltern und Cassis Tante, bei der wir nächtigen durften.
Früh morgens verabschieden wir uns schweren Herzens von unseren Gastgebern, von Sibiu und von Rumänien. Über Arad und Budapest erreichen wir abends Wien.
Hier noch ein paar Infos zu unserer Reiseplanung.
Den groben Rahmen unserer Reise haben wir mit den Informationen aus dem Marco Polo Reiseführer Rumänien abgesteckt. Bei der Detailplanung half uns der Reiseführer Rumänien und Republik Moldau von Joscha Remus und Hans-Gerd Spelleken, erschienen im Reise Know-How Verlag Peter Rump. Detaillierte Informationen, viele Karten und wirklich gute Tipps sind mit ihm jederzeit griffbereit.
Wir haben nur ein einziges Mal Schiffbruch erlitten - das war in Negreşti-Oaş mit dem Hotel Oşanul - ansonsten waren die Hinweise zu Unterkünften u.a. immer verlässlich.
Weitere Informationen und Tipps von erfahrenen
Rumänien-Reisenden holten wir uns aus dem Internet:
karpatenwilli.com
rennkuckuck.de
Unsere Unterkünfte: Wir versuchten, möglichst billige Unterkünfte zu finden und verließen uns dabei auf die Angaben im Reise Know-How Rumänien und Republik Moldau. In Botiza vermittelte uns Herr lurca von der Asociaţia Agroturistica Botiza ein Zimmer in einer Privatpension. In den restlichen Nächten schliefen wir in unserem Auto oder campierten "wild" im Zelt. Die Unterkünfte kosteten uns zwischen 70 und 90 RON für zwei Personen; für die Halbpension in Botiza zahlten wir 65 RON pro Person und Tag.
Negreşti Oaş | Hotel Oşanul | Nur Kaltwasser, relativ hoher Preis für renovierungsbedürftiges Zimmer; ss empfiehlt sich die Weiterfahrt nach Huta Certeze (7km) zur Pensiunea Agroturistică. |
Botiza | Pension Sidău | Private Halbpension mit familiärer Atmosphäre und Englisch sprechender Tochter; mit Lebensmitteln aus eigener Produktion werden herrliche Gerichte gezaubert. |
Lacu Roşu | Vila Andrei | Relativ kleiner Preis für einfache Unterkunft |
Făgăraş Gebirge | Cabana Podragu | Waschräume nicht funktionstüchtig |
Râşnov | Pension Ştefi | Neu eingerichtete, komfortable Zimmer |
Vulcanii Noroioşi | S.C. Vulcanii Noroioşi | Funktionelle Zimmer mit eigener Terrasse in Nachbarschaft zu den kleinen Vulkanen |
Bucureşti | Camping Băneasa | Erschwingliche Apartment-Hütten 15 Auto-Minuten vom Zentrum |
Mamaia | Camping Mamaia | Riesiger Campingplatz mit minimaler Anzahl an Sanitäranlagen, die dementsprechend verschmutzt sind |
Tulcea | Casa Albastră | Billige, einfache Unterkunft |
Sulina | Jugendherberge | Schöne 4-Bett-Zimmer |
Sulina | Pension Jean Bart | Nette Pension |
Braşov | Camping Braşov | Ein Campingplatz |
Für Fragen oder genauere Infos stehen wir dir gerne zur Verfügung. Schreib' uns einfach ein E-Mail an mario.klopf@boku.ac.at.