Zoom Picture Auch ohne gläubig zu sein, ist eine Reise entlang der orthodoxen Klöster in der Moldau, der nordöstlichen Region Rumäniens, eine eindringliche Erfahrung. "Ich wünsche Ihnen, im Licht zu sein", gibt Schwester Elena vom Kloster Voronet in der rumänischen Süd-Bukowina dem Besucher mit auf den Weg.

Dem klaren und wissenden Blick der gebildeten Nonne kann sich keiner entziehen, zu ergreifend ist die abendliche Atmosphäre rund um die Klosterkirche mit ihren einzigartigen Außenfresken. Zu Recht ist das Land am Rande Europas stolz auf sein kulturelles Erbe. Doch der Schatten Ceausescus und die Reformfeindlichkeit der nachfolgenden Regierung verengen oftmals den Blick des Auslands auf Rumänien und lassen nur negative Meldungen ins Bewusstsein dringen.

Die eher ländliche und relativ bevölkerungsarme Moldau, an deren Westseite sich die Ostkarpaten erstrecken, ist historisch und kulturell eine der interessantesten Regionen des Landes. Nicht nur die reizvolle Landschaft aus fruchtbaren Hochebenen und schmalen Gebirgstälern, sondern auch die teils über und über mit Außen- und Innenfresken bemalten Moldau-Klöster sind außerhalb der Landesgrenzen noch weitgehend unbekannt. Besonders unter den moldauischen Fürsten Alexander dem Guten, Stefan dem Großen und Petru Rares entstand hier im 15. und 16. Jahrhundert eine Klosterkultur, die sich mit den Werken der Kirchenkunst in Italien, Deutschland und Frankreich messen kann.

Der Klosterarchipel der Süd-Bukowina, dem dicht bewaldeten nördlich gelegenen "Buchenland", steht als Weltkulturerbe unter dem Schutz der Unesco und ist größtenteils restauriert. Die meist nur noch an der Sonnenseite erhaltene Fassadenmalerei der Abteikirchen von Humor, Moldovita, Arbore, Voronet und Sucevita sollte dem einfachen Volk - einem Bilderbuch gleich - Geschichten und Botschaften der Bibel nahe bringen. Allerdings stand im Kampf gegen die jeweiligen Feinde - Tartaren, Türken oder Mauren - bei so mancher Freske die politische Erziehung im Vordergrund.

Von Campulung Moldovenesc geht es auf gebirgigen Straßen zum 1532 gestifteten Kloster Moldovita inmitten von Tannenwäldern und Bergwiesen. Für nicht bibelfeste Besucher sind die Bilderzählungen der anonymen Maler kaum zu verstehen. Doch Schwester Tatiana erklärt in bestem Deutsch jedes Motiv: Neben biblischen Darstellungen wie dem Stammbaum Christi findet sich eine Darstellung der dramatischen "Belagerung Konstantinopels", aus der vor allem politische Lehren gezogen werden sollten: Rechtgläubigkeit führt zum Sieg.

In dem von der Fürstenfamilie Movila gegründeten Nonnenkloster Sucevita aus dem späten 16. Jahrhundert herrscht innerhalb der wuchtigen Wehrmauern - viele Moldau-Klöster dienten nicht zuletzt als Festungsanlage - andächtige Stille. Auffallend dekorativ ist die "Himmelsleiter des Johannes Klimax" an der geschützten Nordwand. Seit 400 Jahren wird dem Betrachter die Gratwanderung zwischen Gut und Böse vorgeführt. Tugendsame werden von Christus nach ihrem beschwerlichen Sprossengang an der Himmelstür erwartet, Sünder und Heiden hingegen von grinsenden Teufeln in den Höllenschlund gerissen.

Ihren Lebensunterhalt sichern die 52 Nonnen und Novizinnen von Sucevita mit Viehhaltung, Landwirtschaft, Gartenarbeit und Kunstgewerbe. Der Staat bezahle nur Restaurierungsmaßnahmen und ein minimales Gehalt für Angestellte eines historischen Monumentes, das aber noch nicht einmal die Sozialversicherung abdecke, erklärt Äbtissin Adriana.

Auch der malerische Bilderbogen von 1547 im Kloster Voronet zeigt den Triumph der christlichen Idee. "Hier auf Erden wird unsere Freiheit von vielen angegriffen. Aber Gott vergreift sich nie daran", sagt Schwester Elena. "Diese Minuten, die Sie hier bei uns verbringen, haben Sie der Zeit gestohlen und sind in die absolute Zeit vorgedrungen", sinniert sie. Ihre philosophische Bildung - sie zitiert unter anderem auch Martin Heidegger - verblüfft an diesem kontemplativen Ort nicht. Die Anmut der "Sixtinischen Kapelle des Orients" - so das Urteil internationaler Kunsthistoriker - schlägt jeden in ihren Bann, wenn sich durch den Schatten der Bäume die Abendsonne fast mystisch auf dem feinen Lapislazuli-Blau der Bilder bricht.

Wer nach Tagen sakraler Kunst weltliche Entspannung sucht, kann sie bei einer Bootsfahrt auf dem 440 Quadratkilometer großen Stausee Lacul de acumulare bei Bicaz zu Füßen des fast 2000 Meter hohen Ceahlău-Massivs finden. Ein Besuch von Suceava, Targu Neamt oder Piatr Neamt zeigt rumänische Städte, deren historische Substanz vieler Orts der Bauwut Ceausescus zum Opfer fiel.

Auf den ersten Blick lässt das ländliche Leben in der Moldau mit Wiesen voller Heubündel, geschnitzten Holzhäusern inmitten schmucker Gärten und den Vorzeige-Klöstern die Armut des Landes vergessen. Für die Rumänen aber ist das Leben ein aufreibender Überlebenskampf mit täglich steigenden Preisen. Auch die Klöster haben zu kämpfen. Waren es vor 1990 die Repressionen der Kommunistischen Partei, sind es jetzt finanzielle Nöte. Dennoch gibt es überall im Land Neugründungen, für die junge Nonnen in den Städten sammeln. Ein Gott geweihtes Leben ist für viele nicht nur spirituelle Zufluchtsstätte, sondern auch ein sicherer Hort in unsicheren Zeiten.

Informationen: Rumänisches Touristenamt, Budapester Straße 20a, 10787 Berlin (Tel.: 030/241 90 41, Fax: 030/247 25 020).

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