Klausenburg
Im Schnittpunkt von Geschichte und Kultur

Ulrich Burger

Klausenburg (rum. Cluj-Napoca, ungar. Kolozsvár) ist eine europäische Stadt wie Preßburg (Bratislava) oder Krakau (Kraków). Wer sich auf Spurensuche in Klausenburg begibt, nach ihrer Geschichte und Kultur sowie ihren Verbindungen in den Westen Europas fragt, der wird schnell Zeugnisse finden, die aus der eigenen Umgebung und der eigenen Kenntnis nur allzu vertraut sind.

Dieses Reise- und Kulturhandbuch soll dem Besucher Klausenburgs ein nützlicher Begleiter bei seinem Aufenthalt in der Stadt am Kleinen Somesch sein und ihm die sichtbaren aber auch die verborgenen Schätze der Stadt zeigen.

Eine Leseprobe gibt es >> hier <<.

Geschichte und Geschichten, Informationen zur Stadt, Tipps
277 Seiten, 56 Abbildungen, davon 20 in Farbe
Paperback, 255g, 12x18cm, Oktober 2005
ISBN: 3-9809487-2-2
Preis: EUR 19,90
Bestellung: perspektivenverlag

Dr. Ulrich Burger hat nach seinem Studium (Osteuropäische Geschichte, Politikwissenschaft und Neuere Geschichte) lange Jahre in Rumänien gelebt und im Deutschen Kulturzentrum in Klausenburg gearbeitet.

Sein Buch besteht aus drei Teilen: der erste Teil beschreibt die Geschichte von Klausenburg von der Römerzeit bis in die Neuzeit. Der zweite Teil bietet einen Stadtrundgang durch Klausenburg und im dritten Teil gibt er ein paar Geschichten über seine Zeit als Kulturdezernet in der rumänischen Stadt Klausenburg wieder.

Klausenburg - Im Schnittpunkt von Geschichte und Kultur Klausenburg - Im Schnittpunkt von Geschichte und Kultur

Rezension:

Das unter dem anspruchsvollen Titel "Klausenburg im Schnittpunkt von Geschichte und Kultur" von Dr. Ulrich Burger verfasste und 2005 im perspektivenverlag erschienene Buch enthält nicht nur durch die Befassung auch mit der Stadt Bistritz viel mehr als man von einer Stadtbeschreibung oder von einem Reiseführer üblicherweise erwartet. Das Außergewöhnliche ergibt sich in erster Linie aus der akademischen Qualifikation des jungen Autors (Jahrgang 1966, Historiker und Politikwissenschaftler, Dissertation über rumänische Parteiengeschichte) und aus seinem beruflichen Werdegang, der ihn im Auftrag des Institutes für Auslandsbeziehungen in Stuttgart von 2001/2002 zu Kulturaufgaben nach Bistritz, dann bis 2005 nach Klausenburg führte.
Auf diesen Grundlagen, gepaart mit nüchterner Beobachtungsgabe, kann Dr. Burger in sein Werk natürlich viel einbringen, was über den Rahmen der wenigen bisher über Klausenburg erschienenen Reiseführer in deutscher Sprache hinausgeht. Dazu hat der Autor auch die zum Thema gehörige Literatur (einschließlich Bram Stokers "Dracula") gründlich studiert und verweist auch fair darauf, wo über Klausenburg noch mehr an Details zu finden wäre. In Burgers Text faszinieren vor allem der neutrale und unverkrampfte Umgang mit der an kulturellen, sozialen, religiösen und politischen Gegensätzen reichlich befrachteten Geschichte der Stadt, dann der unbekümmerte Blick auf die Gegenwart und auch ein gutes Gespür für die in der betrachteten Kultursubstanz verborgenen Schätze und Hintergründe. Neben dem hohen Informationswert erfrischt die Leichtigkeit des Stils.
In diesem Buch wird die komplexe siebenbürgische Geschichte, hier in einem lokalen Zusammenhang, unter totaler Abstinenz von nationalen Wertungen lebendig und locker erzählt. Der historische Teil der Buches führt den Leser systematisch über die Daker- und Römerzeit, das Mittelalter, Fürstentums, die Zeit der österreichischen, der ungarischen und der rumänischen Hoheit bis in die jüngste Gegenwart, der ein eigener Abschnitt gewidmet ist. Dieser Buchteil endet mit einem Ausblick in Richtung Europa und beruht auf der Erkenntnis, dass es in Rumänien, als Erbschaft seiner Geschichte, sowohl eine europäische als auch eine balkanische Kultur gibt, die in Mentalitäten, Mythen, Wohlstand und Lebensformen große regionale Unterschiede verursachen. Dem stellt Burger das auf hoher Stufe stehende Schul- und Bildungswesen in Rumänien, respektive in Klausenburg gegenüber. Ein Universitätsbetrieb in drei Sprachen und das Kunst-, Kultur- und Bildungsleben in Rumänisch und Ungarisch ergibt (trotz national vergifteter Atmosphäre) unterm Strich doch ein positives Bild von praktizierbarer Multikultur. Somit ist Klausenburg, so Burger, als Brücke von Ost zu West "eines auf jeden Fall: eine europäische Stadt".

An gedanklichem Tiefgang mangelt es auch in dem folgenden touristischen Abschnitt nicht. In einem "Stadtrundgang von der Römerzeit durch Mittelalter und Neuzeit in die Gegenwart" werden die optischen Eindrücke des Stadtbildes leidenschaftslos informierend ins Geschichtliche und auch Politische vertieft. Der vier- bis fünfstündige Spaziergang erfasst, im Text aufgelockert durch 41 ausgezeichnete Schwarzweißbilder (Fotos von Lucian Muntean), die Kirchen, die bedeutendsten Adels- und Bürgerhäuser, Verwaltungsbauten, Museen und Denkmäler im Stadtzentrum und weist auch auf Gaststätten am Wege und in der Umgebung hin. Leider befindet sich der den Rundgang illustrierende Stadtplan (ohne jegliche Seitenangabe) im Buch etwa um 100 Seiten weiter hinten (wo auch ein Bildteil mit 20 Farbbildern eingefügt ist). So hat man mit den unbestimmten Anweisungen (z. B. "wenn wir über die Ampel gehen" oder "Wir gehen dann weiter") seine liebe Not, bis man sich zurechtfindet. Die den Stadtrundgang begleitenden Kommentare sind ausgezeichnet und erfassen ausführlich die Zusammenhänge zu hervorragenden Persönlichkeiten der älteren und neueren Geschichte der Stadt. Hervorzuheben sind die statistischen Angaben über das Universitätsleben, wodurch die gewaltige Dimension von Klausenburg als Bildungsstätte (62 000 Studenten) erkennbar wird. Das Kapitel endet mit Hinweisen zu einem Besuch des botanischen Gartens, des Salzbades Cojocna und der Thorenburger Klamm (die wir alten Klausenburger als "Tordaer Schlucht" in Erinnerung haben).

Nach diesen Ausflügen erscheint es dem Leser (oder Besucher) nur schlüssig, in einem weiteren Kapitel dieses Buches über Klausenburg für einen Tag auch nach Bistritz geführt zu werden. Burger hat hier ein Jahr lang deutsche Kulturprojekte betreut und sammelte hier seine ersten siebenbürgischen Eindrücke. Auch hier leitet die Geschichte den Lauf seiner liebevollen Darstellungen, die, wie der Autor angibt, auch auf den Werken von Ernst Wagner, Otto Dahinten, Hermann Fabini, Oskar Skrabel, Gustav Zikeli und Harald Roth beruhen. Die 1241 erstmals urkundlich erwähnte Grenzstadt lebt durch ihre vom Autor lebendig kommentierten Baudenkmäler wieder auf. Ein Kind dieser Stadt hätte in diesem Buchteil wohl gerne etwas mehr über das ehemalige bürgerliche und schulische Leben in Bistritz gelesen. Vor allem scheint uns der Hinweis zu fehlen, dass das heutige Colegiul National "Liviu Rebreanu" in der Fleischergasse (heißt es nicht richtig "Fleischerallee"?) als ein einst von den Sachsen erbautes Gymnasium ein Bildungszentrum für ganz Nordsiebenbürgen war. Es stellt sich auch die Frage, ob das ehemals sächsische Umland von Bistritz nicht auch eine eingehendere historische Behandlung oder zumindest Erwähnung verdient hätte, als nur die Ausflugshinweise nach Mönchsdorf und Lechnitz.

Streng genommen birgt die Ergänzung eines kulturell-historisch-touristischen Sachbuches durch anekdotenhafte persönliche "Geschichtchen" das Risiko eines Niveauverlustes in sich. Im Vergleich zu den hochwertigen geschichtlichen und politischen Darstellungen der anderen Buchabschnitte wird dies in dessen letztem Teil ("Geschichten aus Siebenbürgen - oder warum in Rumänien doch noch vieles anders ist") spürbar. Burger schildert hier in 17 Anekdoten persönliche Erlebnisse aus seinem siebenbürgischen Alltag, in denen die Unzulänglichkeiten der heutigen Verwaltung durch die Freundlichkeit und Elastizität der Menschen gemildert werden. Die launigen Erzählungen vermitteln deutlich die Sympathie des Erzählers für das rumänische Volk und der bewusst forcierte humoristische Ton nimmt jeder versteckten Zustandskritik die Schärfe. Somit kann man auch den autobiografischen Anhang dieses "Kulturhandbuches" mit Genuss und Gewinn lesen. Das gefällige, lehrreiche und unterhaltsame Buch ist gründlich lektoriert und kann jedem nordsiebenbürgischen Landsmann und auch jedem Touristen vorbehaltlos empfohlen werden. Es sollte zumindest bei allen Mitgliedern der Heimtortsgemeinschaften Klausenburg und Bistritz auf dem Bücherbord stehen.
(Dr. Fritz Frank, Rezensent für die Siebenbürgische Zeitung, 20. Februar 2006)